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Commentaries
German
Offenbarung
  
DIE EINLEITUNG DES APOSTELS JOHANNES ZUR OFFENBARUNG JESU CHRISTI (Offenbarung 1,1-8)

1. Das Grußwort an die judenchristlichen Gemeindeglieder in den Gemeinden Kleinasiens (Offenbarung 1,1-3)
1Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll; und er hat sie durch seinen Engel gesandt und seinem Knecht Johannes kundgetan, 2der bezeugt hat das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, alles, was er gesehen hat.3Selig ist, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und behalten, was darin geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe.

Johannes stellt von Anfang an heraus, dass die Niederschrift seiner Visionen „die Offenbarung Jesu Christi“ heißt. Sie sollte deshalb nicht „die Offenbarung des Johannes“ genannt werden.
Johannes begann seine Papyrusrolle nicht mit seinem eigenen Namen als dem Absender oder Verfasser dieser Schrift, wie es in den meisten Apostelbriefen des Neuen Testaments zu lesen ist, vielmehr bekennt er als erstes das alarmierende Offenbarungsereignis. Der auferstandene Herr, der aus seiner Verborgenheit hervortrat, ist wichtiger als der Mittler dieser Offenbarung. Jesus ist die Ursache, der Inhalt und das Ziel dieser aufregenden Geschichtsprophetie.
Die äußere Form der Bucheinführung entspricht dem Aufbau der Einleitungen der prophetischen Bücher des Alten Testaments (Jes. 1,2; Joel 1,2; Micha 1,2 u.a.). Das Wort des Herrn, seine Offenbarung, war jeweils das entscheidende Ereignis, der Durchbruch des Ewig-Seienden in unsere Zeit hinein. Deshalb steht in jüdischen Schriften das Offenbarungsereignis am Anfang eines Buches als Legitimation des Propheten und seiner Worte.
Ein großer Teil der Gemeindeglieder in und um Ephesus waren Judenchristen. Ihnen gilt das erste Grußwort des Johannes. Er wird den Juden ein Jude.

Der auferstandene Gekreuzigte spricht in den von Johannes beschriebenen Visionen nicht von Ereignissen aus der Vergangenheit, sondern prophezeit im voraus die Zukunft unserer Welt als Entfaltung seines vollendeten Sieges am Kreuz. Sein Name Jesus, der 975mal im Neuen Testament vorkommt, bedeutet „Jahwe rettet“ (Mt. 1,21; Luk. 1,31). Christus ist die Amtsbezeichnung Jesu und heißt „der Gesalbte“ (Luk. 4,18-19). Dieser Titel steht 569 mal im Neuen Testament. Mit diesen beiden Namen sind Thema, Richtung und Ziel der Offenbarung Jesu Christi nach den Prinzipien seines Heilsplanes festgelegt. Das Programm Jesu ist in seinem Namen und in seinem Titel begründet.

Jesus hat Johannes seine Endzeitoffenbarung über den Lauf der Geschichte nicht selbstherrlich von sich aus inspiriert. Er hat diese Geheimnisse von Gott empfangen. Nach seiner Himmelfahrt empfing Jesus bei seiner Inthronisierung das Buch mit den sieben Siegeln. Der Sohn demütigte sich unter seinen Vater und ließ sich die Erkenntnis und die Vollmacht zur Durchsetzung des vollendeten Heils und des Gerichts schenken. Er riß sie nicht an sich, sondern wartete, bis der Vater sie ihm gab.
Johannes hat das Geben des Vaters und das Empfangen des Sohnes in seinem Evangelium immer wieder betont (Joh. 3,35; 5,22,27,36; 6,39,65; 13,3; 17, 2-12,22-24 [13mal]; 18,11). Der Vater hat seinem Sohn alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben (Mt. 28, 18). In der Demut, der Liebe und dem Vertrauen zwischen Sohn und Vater besteht ihre heilige Einheit (Joh. 12,49-50; 14,8-12).

Der Sohn behielt die Geheimnisse der Endzeit nicht für sich selbst. Er offenbarte sie seinen Knechten, die sich ihm freiwillig als Sklaven unterordneten. Keiner von ihnen wollte seine eigenen Gedanken oder ein fremdes Wort weitersagen. Sie verstanden sich als das Sprachrohr ihres himmlischen Inspirators.
Die vielschichtigen Endzeitoffenbarungen sind nicht nur einem einzigen Propheten in der Gemeinde Jesu zuteil geworden, sondern erreichten verschiedene prophetisch begabte Knechte in den Gemeinden. Ihre Visionen ergänzten sich in der Offenbarung an Johannes zu einem Gesamtbild des kommenden Geschehens.

Der Ablauf des Endzeitgeschehens ist kein Zufall, sondern unterliegt einem unausweichlichen göttlichen Muß, das aus der Heiligkeit Gottes und seiner Liebe resultiert. Seine Geduld hat ein Ende, wenn das Maß der Sünde bei einzelnen und bei Völkern übervoll ist. Sein Erbarmen jedoch umhüllt und bewahrt jeden Bußfertigen. Jesus verliert kein einziges Schaf aus seiner Herde (Joh. 10,27-30). Jesus macht seinen Nachfolgern rechtzeitig kund, was an Gerichten und Bewahrung kommen muß, damit sie begreifen: Unser Herr hält die Zügel der Weltgeschichte fest in seiner Hand! Es geschieht, was geschehen soll.
Das Muß der Liebe Gottes und seiner Heiligkeit sind im Leben Jesu oft sichtbar geworden, besonders in seiner Passionszeit. An Jesu Gehorsam erkennen wir, dass das Lamm Gottes der Vollstrecker des göttlichen Muß ist (Joh. 19,28; Offb. 5,1-14).

Die letzten Tage haben mit der Geburt Jesu begonnen. Seither wirkt sich das Gesetz aus, dass die Christusgläubigen geistlich wachsen und die Aufrührer sich selbst verstocken. Das Böse muß ausreifen und sehr böse werden. Die Büßenden jedoch werden geheiligt, im Leiden geprüft und geläutert (Röm. 5,1-5). Das Ende der Welt ist heute näher, als wir denken. Das Ende kommt plötzlich und schnell.

Jesus erschien Johannes zur Übermittlung seiner Offenbarungen nicht persönlich, sondern sandte einen Offenbarungsengel (vielleicht den Engel Gabriel), um seinem einst jüngsten und jetzt ältesten Apostel den Ablauf der Endzeit mitzuteilen. Alle anderen Apostel, auch Paulus, waren bereits als Märtyrer getötet worden oder verstorben.
Der Dienst der Engel wird im Buch der Offenbarung 67mal bezeugt. Im ganzen Neuen Testament werden die Engel 175mal genannt. Sie erscheinen meistens dann, wenn die Fähigkeit der Menschen nicht mehr ausreicht, um Undenkbares zu begreifen oder um im Kampf mit Dämonen zu bestehen.

Als der Offenbarungsengel Johannes erschien, war er der einzige noch lebende Augenzeuge des Lebens, Leidens und Auferstehens Jesu. Er war der Jünger, den der Herr liebte. Die Liebe seines Retters warf ihn in den Staub und machte ihn zu dessen freiwilligen Sklaven. Johannes lebte entsprechend der Bedeutung seines eigenen Namens: Jahwe erbarmt sich, Jahwe hat Mitleid.
Weitere Apokalypsen wurden von den Vätern der Kirche nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen, da die Visionen des Johannes alle anderen Endzeitvisionen umfaßten.

Johannes hat in seinem Evangelium und in seinen Briefen Jesus mehrere Male als das Mensch gewordene „Wort Gottes“ bezeugt. In ihm wurden alle Verheißungen Ja und Amen. Jesus erfüllte das Gesetz mit seinen Geboten und blieb ohne Sünde. Er lebte, was er sagte. Die schöpferische, heilende, vergebende, tröstende und erneuernde Vollmacht des Wortes Gottes war in ihm personifiziert. In Jesus war Gottes Wille leibhaftig sichtbar geworden. Johannes hat die Fleischwerdung des Wortes Gottes in seiner Biographie Jesu einmalig präzisiert (Joh. 1,1-18).

Johannes bezeugte nicht nur die Gottheit Jesu in der Erkenntnis seiner Liebe, sondern bewahrte auch seine Siegesproklamation: „Es ist vollbracht!“ Im Moment seiner größten Schwachheit und äußersten Verachtung hat Jesus das Heil der Welt, die Rechtfertigung für alle Sünder sowie den Sieg über Sünde, Satan, Tod und den Zorn Gottes vollendet. Jesus hat das Trennende zwischen dem Schöpfer und seinen Geschöpfen weggetan. Er hat uns den Vater geoffenbart und uns die Tür zur ewigen Heimat weit geöffnet. Johannes hat das Zeugnis Jesu Christi in einzigartiger Weise bewahrt und seine „Ich-bin-Worte“ der Welt bekannt gemacht.

Johannes schrieb den Gemeinden alles, was er mit seinen Augen gesehen, mit seinen Ohren gehört und mit seinem Herzen geschaut hatte. Er war treu und genau bei der Wiedergabe jedes Wortes. Deshalb konnte ihm sein Herr weitere Offenbarungen anvertrauen und gewährte ihm die Schau der Entwicklung seines Endsieges bis in unsere Zeit.

Johannes betont zweimal, am Anfang und am Ende seines Buches, dass jeder glückselig wird, der die Weissagung vom Sieg des Dreieinigen Gottes vorliest, hört und bewahrt. Es dauert etwa eineinhalb Stunden, um die 22 Kapitel dieses Buches laut vorzulesen. Die Wonne des Heiligen Geistes erfüllt jeden, der an die über die Zukunft geoffenbarte Wahrheit glaubt und sie seinen Hörern als göttlichen Trost in ihrer Angst, als ewige Freude in ihrer Verzweiflung und als eine feste Hoffnung in ihrer Ungewißheit weitersagt. Besonders werden jene gesegnet, die die Worte der Endzeitoffenbarung in ihrem Herzen bewegen, ihr Unterbewußtes damit füllen lassen und gespannt auf die Ankunft ihres Herrn und Heilands warten. Siebenmal wird in diesem Buch von der Seligkeit der Gläubigen in Christus geredet (Offb. 1,3; 14,13; 16;15; 19,9; 20,6; 22,7,14), 14mal aber auch das „Wehe“ über die ungehorsamen Verstockten ausgerufen (Offb. 8,13 [dreimal]; 9,12 [zweimal]; 11,14 [zweimal]; 12,12; 18,10 [zweimal], 16 [zweimal], 19 [zweimal]).

Johannes schärft uns ein, dass der Zeitpunkt der Heilsvollendung nahe ist. Wir müssen uns aber nicht wie die Muslime vor dem Jüngsten Gericht fürchten und nicht vor dem Endgericht im Innersten erzittern, sondern sollen uns freuen und getrost sein, denn unser Herr kommt, um seine Geliebten zu sich zu ziehen. Die Freude des Herrn ist unsere Stärke. Die Wiedergeborenen tragen heute schon die geistgeborene zukünftige Welt in sich. Die Herrlichkeit Christi wird hervorbrechen wie die Sonne, die mit ihren Strahlen aus der Morgenröte aufsteigt. Wir sind berufen, Spiegelbilder Jesu Christi zu werden und die Herrlichkeit seiner Liebe, seiner Wahrheit und seiner Reinheit widerzuspiegeln.