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Commentaries
German
Offenbarung
  
I. Teil: Vorbereitungen zum Blasen der letzten Posaune (Offenbarung 10,1 - 11,2)

Ein pächtiger Engel erscheint (Offenbarung 10,1-4)
1Und ich sah einen anderen starken Engel vom Himmel herabkommen, mit einer Wolke bekleidet, und der Regenbogen auf seinem Haupt und sein Antlitz wie die Sonne und seine Füße wie Feuersäulen.2Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein, das war aufgetan. Und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde.3Und er schrie mit großer Stimme wie ein Löwe brüllt. Und als er schrie, erhoben die sieben Donner ihre Stimme.4Und als die sieben Donner geredet hatten, wollte ich es aufschreiben. Da hörte ich eine Stimme vom Himmel zu mir sagen: Versiegle was die sieben Donner geredet haben und schreib es nicht auf!


Der Patriarch Johannes in der Verbannung auf der kahlen Insel Patmos sehnte sich nach seinen Gemeinden, nach seinen Brüdern und Schwestern, von denen er wusste, dass die zunehmende römische Kaiserverehrung Zorn, Hass, Verfolgung und Tod über die verantwortlichen Gemeindeleiter bringen werde.
Der lebendige Herr und Heiland hat das Seufzen seines deportierten Apostels erhört und gewährte ihm tröstende und aufregende Einblicke in seine Gemeinden, in den Thronsaal des Allmächtigen, samt der Inthronisierung des Lammes Gottes. Johannes sah die apokalyptischen Reiter losstürmen, sowie die Versiegelung der Auserwählten aus den zwölf Stämmen Israels. Er staunte über die unzählbar große Menge der leidenden Zeugen Jesu, die niemand zählen konnte. Das lähmende Entsetzen der Trompetengerichte ließ ihm beinahe den Atem stocken.
Da schenkte der Herr dem greisen Johannes ein tröstendes Zwischengesicht, dass er wieder aufatmen konnte und beauftragte einen mächtigen Engel zu dem einsamen Seher hinabzusteigen, um ihm die Verwirklichung des Geheimnisses Gottes zu offenbaren.
Dieser Engel besaß große Autorität. Er glich auf den ersten Blick dem auferstandenen Herrn Jesus Christus selbst, der Johannes am Anfang seiner Offenbarung erschienen war (1, 12-18). Der Engel war jedoch nicht der Herr, sondern nur sein Bote. Seine Nähe zu seinem König hatte ihn in sein Bild verwandelt.
Schon im Alten Testament redete und handelte der „Engel des Herrn” mehrere Male anstelle seines Herrn, so dass bei manchen Offenbarungen nicht klar unterschieden werden kann, ob der Herr selbst der Handelnde war oder sein stellvertretender Engel (1. Mose 22, 11-18; 2. Mose 3, 2-6; Psalm 34, 8 u.a.).
Der Engel erschien Johannes umhüllt von einer weißen Wolke des Himmels, wie mit einem Schleier umgeben, damit seine Herrlichkeit den Apostel nicht töte. Über seinem Haupt wölbte sich ein Regenbogen, als ein Zeichen seiner Friedensbotschaft aufgrund des Noahbundes (1. Mose 9, 12-17). Dieser Regenbogen weist auf seine strahlende Leuchtkraft, der den smaragdgrünen Energiegürtel um den Thron Gottes widerspiegelt (Kap. 4, 3). Dieser Engel gehörte zu den Nahegebrachten, die Zutritt zum inneren Thronraum haben und vom Bild des Vaters und des Sohnes geprägt werden.
Das Antlitz des mächtigen Gnadenengels strahlte wie die Sonne. Niemand konnte ihm in die Augen sehen. Seine Reinheit und Wahrheit erschien den Menschen beinahe unerträglich. Seine Füße glichen flammenden Feuersäulen, die alle Aufrührer und jeden Widerstand gegen Gott im Vorbeigehen zu Asche zertreten.
Diese Erscheinung lässt uns die Vollmacht dieses Boten des lebendigen Herrn ahnen. Die Herrlichkeit des herabkommenden Engels weist auf die besondere Bedeutung seiner Botschaft hin.
Der Gottesbote brachte ein offenes Buch mit sich, das angesichts der Größe und Majestät des Engels klein erschien. Die Botschaft des Herrn flattert nicht wie ein fallendes Blatt vom Himmel. Der Herr bestätigt sein Wort durch die Hoheit seines Boten. Alle Diener Christi sollten, um der Ehre ihres Herrn und der Bedeutung seines Wortes willen, der örtlichen Situation entsprechend würdig auftreten und die Botschaft mit Autorität und Freimut bezeugen.
Der herrliche Engel stand mit seinem rechten Fuß auf den Wellen des Mittelmeeres. Er selbst besaß keine Schwere und kein Gewicht, denn er war Licht und Energie. Er bezeugte mit seinem Auftreten, dass alle Geschöpfe im Völkermeer dem Herrn der Welten gehören und ihm freiwillig untertan sein sollen. Auch das Tier mit den zehn Hörnern und den sieben Häuptern, das später aus dem Völkermeer aufsteigen sollte, gehört unter diesen Herrschaftsanspruch Jesu Christi.
Der Engel setzte seinen linken Fuß aufs Festland, das im Arabischen sprachlich mit Gerechtigkeit und Frucht verwandt ist (Barr, Birr, Burr). Vielleicht bedeutet das Festland die Gesamtheit aller Gläubigen aus dem Alten und Neuen Testament, die gerufen waren den Sohn Gottes zu lieben, anzubeten und zu bezeugen. Auch das zweite Tier, das später aus der Erde aufstieg und zwei Hörner wie ein Lamm hatte, jedoch wie ein Drache sprach, gehört unter den Herrschaftsanspruch des auferstandenen Christus.
Als der mächtige Engel durch seine Standposition mit dem rechten Fuß auf dem Mittelmeer und dem linken Fuß auf der Erde den Besitzanspruch Gottes auf alle Gottlosen und Gottesfürchtigen unterstrich, blickte er nach Süden oder Südosten, in Richtung Ägypten oder nach Jerusalem. Die Endzeitentwicklung verläuft weder im Fernen Osten noch im hohen Norden und auch nicht im dunklen Westen, sondern in und um Israel.
Der starke Engel sprach laut mit einer dröhnenden, grollenden Bassstimme, wie ein Löwe brüllt. Sein Rufen war majestätisch und erschütterte die Tiefen des Hörenden. Johannes konnte diese Töne nie wieder vergessen.

Der mächtige Engel hatte seinen Heroldsruf noch nicht vollendet, da antworteten ihm bereits sieben verschiedene Donnerstimmen aus dem Himmel, als ein Echo zur Bestätigung der Dringlichkeit seiner Botschaft. Die Zahl sieben weist auf die Gesamtheit der grollenden und krachenden Donner aus Gottes Thron hin. Der Mensch aber zuckt bei schweren Gewittern und nahen Blitzeinschlägen zusammen und duckt sich angstvoll im Toben der Naturgewalten.
Bei den sieben Donnerstimmen handelt es sich um sieben geistliche Stimmen, die dem Geschrei der Seelen am Brandopferaltar (Kap. 6, 10) oder den Stimmen aus seinen vier Hörnern ähneln (9, 13). Wir wissen nicht, ob die Donner hebräisch oder griechisch schrieen, oder ob in ihnen alle Stimmen der Menschheit zu hören waren. Wir wissen nur, dass der Patriarch schnell zur Feder griff, um die unerhörte und aufregende Botschaft der Donnerstimmen aufzuschreiben.
Da aber hörte er plötzlich eine andere Stimme aus dem Himmel, die ihn stoppte und ihm befahl, kein einziges Wort des Gehörten aufzuschreiben, und außerdem seine Lippen zu versiegeln, dass nichts von dem Gehörten weiter gesagt werde. Es gibt im geistlichen Bereich Botschaften, die nicht für jedermann verständlich oder erträglich sind. Zeugen Christi müssen nicht immer alles sagen was sie gehört und gesehen haben. Ihnen ist nur aufgetragen, das rechte Gotteswort zur rechten Zeit einer bestimmten Person weiterzusagen. Die Auswahl und Begrenzung des Zeugnisses sollte durch die Leitung des Heiligen Geistes erfolgen. Zeugen Christi müssen nicht wie ein Wasserfall reden oder schreiben, sondern sich leiten, begrenzen oder in gewissen Fällen auch zum Schweigen bringen lassen, falls die Hörer für die Botschaft noch nicht vorbereitet sind. Wir sollten dieses Gebot aus dem Himmel jedoch nicht als Deckel für unsere Furcht benützen, wenn wir zu feige oder zu ängstlich sind, das uns aufgetragene Wort des Herrn weiterzusagen. Wir brauchen eine größere Abhängigkeit vom Vater, Sohn und dem Heiligen Geist in allem was wir reden oder schreiben, dass der Herr über uns herrscht und wir seine gehorsamen Knechte bleiben.