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Commentaries
German
Offenbarung
  
V. Teil: Entscheidende Entwicklungen nach dem Blasen der siebten Posaune (Offenbarung 12, 1-17)

Die Frau mit der Sonne bekleidet (Offenbarung 12, 1-2)
1Und es erschien ein großes Zeichen am Himmel: Eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen.2Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt.

In der ersten Hälfte der Offenbarung Jesu Christi an seinen Apostel in der Deportation auf der Insel Patmos lesen wir von den Erscheinungen Gottes und seines Lammes, um seine Gemeinde, die Völker und Israel zur sofortigen Buße zu rufen. Mit Liebe und Strenge, mit Lockrufen und harten Gerichtsschlägen, wollte der Allmächtige seinen Menschen helfen umzukehren, ihre Sünden zu lassen und mit ihm zu leben. Er wollte sie aus Gnaden rechtfertigen und sie durch seinen Geist heiligen, aber nur wenige folgten seinem Ruf.
Die Siegel- und Posaunengerichte müssen jedoch kommen um die Völker zu erschüttern. Doch die Menschheit bekehrt sich trotzdem nicht! Der Herr gewährt ihnen immer wieder Zeit und Raum zur Buße. Aber Israel und der Rest der Welt wollen seiner Stimme nicht gehorchen. Die Versiegelung einer Auswahl aus den Stämmen Israels und aus allen Völkern signalisiert die Verhärtung der großen Mehrheit. Mit dem Blasen der siebten Posaune ändert sich jedoch die Rechtslage. Ab diesem Einschnitt beginnt der Angriff Gottes und seines Lammes auf die verstockte Welt. Der Herr ruft jetzt nicht mehr allein zum Heil aus Gnade, sondern ergreift die Macht und setzt den Sieg Christi am Kreuz durch. Die Geduld Gottes hat ein Ende. Die Offenbarung Christi tritt damit in eine entscheidende Phase. Die früheren Visionen und Ereignisse erscheinen damit als Vorbereitung zum Höhepunkt des sichtbar werdenden Endkampfes. Der Vater legt dem Sohn alle seine Feinde zum Schemel seiner Füsse (Ps. 110, 1).

Johannes hatte eine neue Vision, welche er anders als alle Gesichte zuvor beschrieb. Er erkannte plötzlich Zeichen und Symbole am Himmel, die bildhafte Gleichnisse für langfristige Entwicklungen darstellten, so wie Jesus das Reich Gottes durch seine sich gegenseitig ergänzenden Gleichnisse Fernstehenden erklärte.
Das erste Zeichen war bedeutsam, groß, herrlich, entscheidend und faszinierend. Eine Frau, bekleidet mit der Macht der strahlenden Sonne, erschien mit einem Diadem von zwölf blinkenden Sternen auf ihrem Haupt. Der Mond war unter ihre Füße gelegt worden.
Katholische Ausleger deuteten früher dieses Zeichen auf Maria die Himmelskönigin, wie sie auch heute noch vielerorts auf Bildern oder als Statuen zu sehen ist. Neuerdings zwingt jedoch die sorgfältige Beobachtung des folgenden Textes auch die katholischen Ausleger nicht länger von Maria bei der Deutung dieses Zeichens zu reden.
Andere Kommentatoren sehen in dieser Frau die Gemeinde Jesu Christi, die durch ihr Bekenntnis ihren Herrn in unsere Welt hineintragen soll (J. Zink, Lilje, Zahn, Lohmaier u.a.). Diese Deutung zeigt Mängel und wird dem folgenden Text nicht gerecht.
Freunde Israels verstehen das Himmelszeichen, mit der Frau von der Sonne bekleidet, als Hinweis auf Israel, da das alttestamentliche Volk bisweilen als Frau, Jungfrau oder als Hure in der Bibel dargestellt wird (Jes. 50, 1; Kap. 54, 4-5; Hos. 1, 1-2, 18; Offb. 19, 8; 21, 2 u.a.).
Pohl sieht in dieser Frau in der strahlenden Sonne das auf seinen Messias wartende Jerusalem, wobei die Bewohner Israels von den Wehen des kommenden Messias geplagt würden.
A. Fuhr betont, dass sowohl von einer Frau im Himmel, als auch von einer Frau auf der Erde die Rede ist. Beide zusammen würden erst die Einheit darstellen. Diejenigen von den Juden, die ihren Messias in Jesus aus Nazareth erkannt und bekannt haben, seien bereits der Frau im Himmel in Herrlichkeit zugerechnet worden, während jene, die heute noch auf das Kommen des Messias warten, viel Wehen erleiden müssten, bis sie im Sohn der Maria den Sohn Gottes erkennen. Sie glichen der Frau auf der Erde mitten in ihren Geburtswehen.
Wir schließen uns J.A. Bengel an, der in der Frau mit der Sonne umgeben die Heilsgemeinde Gottes sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Bund sieht. Beide sind in Christus eine untrennbare Einheit geworden (Eph. 2, 11-22; Gal. 3, 28 u.a.) und leben aus der Kraft seines Blutes in der Leitung seines Geistes. Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.
Nicht wenige Ausleger sehen in der Gemeinde den geistlichen Leib Christi, verstehen aber das christusgläubige Israel als seine Braut. Wir denken jedoch, dass alle wiedergeborenen Nachfolger Christi aus Juden und Heiden, sich als lebendige Steine in den geistlichen Tempel Gottes einbauen lassen (Eph. 3, 6; 1. Petr. 1, 5 und 9-10). Es gibt keine zwei getrennten Tempel für den einen heiligen Geist. Jesus selbst hat in seinen Gleichnissen auch verschiedene Bilder für ein und dieselbe Sache benützt, um sein Reich von verschiedenen Seiten her zu beleuchten. Die willentliche Einverleibung von Judenchristen, in den einen Leib des Auferstandenen, zeigt ihre geistliche Reife. Andernfalls stehen sie in Gefahr, sich zu einer Sekte unter dem Gesetz zurückzuentwickeln (Apg. 15, 7-11; Röm. 10, 1-4).
Die Bekleidung der Frau mit der Sonne in der Vision des Johannes zeigt, dass die Herrlichkeit Gottes seine Heilsgemeinde umgibt und der Glanz Jesu Christi sich in ihr widerspiegelt (Hohes Lied 6, 10; Jes. 60, 1; 61, 10 u.a.). Jedermann ist berufen, Christus den neuen Menschen anzuziehen (Eph. 4, 22-24). Durch unsere Glaubensverbindung mit dem Lamm Gottes werden wir von ihm erfüllt (Kol. 2, 9-10). Christus in euch ist die Hoffnung der Herrlichkeit (Kol. 1, 27; Röm. 8, 29; 1. Joh. 3, 1-3; Richt. 5, 31). Das Gebet des knienden Paulus galt der vereinigten Gemeinde in Ephesus, die aus Judenchristen und Heidenchristen zusammengefügt war (Eph. 3, 14-21).
Die Bekleidung der Frau in der Vision des Johannes bedeutet auch ihren Schutz durch die Vollmacht des dreieinigen Gottes. Sie ist in ihm geborgen. Sie kann allein nicht existieren. Sie braucht ihren Herrn Tag und Nacht. Nur in ihm und mit ihm ist sie im geistlichen Sinn lebens- und zeugungsfähig.
Die zwölf Sterne in dem Diadem der Frau in der Sonne deuten auf die zwölf Stämme Israels, die von Natur aus wie alle Menschen sehr sündig sind. In den zwölf Aposteln jedoch, sowie in der Urgemeinde, in Paulus, Barnabas und Silas, samt den 144.000 Versiegelten beginnen die Namen der zwölf Stämme wieder wie Sterne hell zu leuchten und zu blinken - außer dem Stern Dan, der sich dem organisierten Götzendienst zuwandte (Richt. 18, 1-31).
Der Mond unter den Füßen der Frau im Himmel wird von J.A. Bengel als der unterworfene Islam angesehen, der auf allen Moscheen die Mondsichel als sein Emblem zeigt. Er wollte und will die ganze Erde mit Gewalt erobern und beherrschen, aber wird am Lamm Gottes zerbrechen wie Jesus sagt: Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich, samt seinem Trabanten, dem Mond, besitzen (Mt. 5, 5).

Unerwartet ändert sich das prächtige Zeichen am Himmel. Die Frau mit der Herrlichkeit Gottes bekleidet wird schwanger, schreit in ihren Geburtswehen und leidet große Qualen. Sie erscheint jetzt auf der Erde (Offb. 12, 5).
Die himmlische Wirklichkeit des Gottesvolkes zeigt sich auf der Erde häufig als Seufzen, Enttäuschung, Leiden, Unterdrückung und Verzweiflung. Das auserwählte Israel erscheint meistens als leidendes Volk Gottes, während die Gemeinde Jesu Christi weltweit immer wieder verachtet, bedrückt und verfolgt wird. Die Heilsgemeinde Gottes ist ein Fremdkörper in dieser Welt und wird von den Gefolgsleuten des Fürsten dieser Welt gehasst, bedrückt und ausgeschlossen. Der Islam hat die Bedrückung und Unterwerfung der Christen im Qur‘an als ein Gebot Allahs festgeschrieben (Sure 9, 28-29).
Einige Ausleger sehen in den Geburtswehen der Frau den leidvollen Durchbruch der Erkenntnis im alttestamentlichen Volk, dass der verachtete und gekreuzigte Nazarener tatsächlich der verheißene Messias ist, was die Mehrheit der Juden weder begreifen kann noch will. Sie wissen, dass sie mit der Bejahung dieser Tatsache alle als Blinde, Verirrte, Verlorene und Verdammte dastehen würden und nichts mehr zu bieten hätten, außer der Gnade des Gekreuzigten, der ihre einzige Hoffnung und ihr Recht bliebe (Jer. 23, 5-6; 33, 16; Jes. 45, 23-25). Johannes schreibt als eines der Ziele seines Buches: Siehe er wird kommen in den Wolken und es werden ihn sehen alle Augen und auch alle, die ihn durchbohrt haben und es werden weheklagen um seinetwillen alle Geschlechter der Erde. Ja, Amen. (Offb. 1, 7)
Falls die früheren katholischen Theologen zu Recht von der Himmelskönigin Maria gesprochen hätten, würde der Hinweis auf die schmerzhafte Geburt ihres Sohnes die katholische und orthodoxe Auffassung von einer schmerzlosen Geburt Christi annullieren. Johannes sah die Frau in der Sonne in großer Qual bereits in den Presswehen der Geburt ihres Kindes.