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Commentaries
German
Offenbarung
  
VI. Teil: Die sieben Zornschalengerichte (Offenbarung 15, 5 - 16, 21)

Der raucherfüllte Tempel im Himmel (Offenbarung 15, 5-8)
5Danach sah ich: es wurde aufgetan der Tempel, die Stiftshütte im Himmel,6und aus dem Tempel kamen die sieben Engel, die die sieben Plagen hatten, angetan mit reinem, hellem Leinen und gegürtet um die Brust mit goldenen Gürteln.7Und eine der vier Gestalten gab den sieben Engeln sieben goldene Schalen voll vom Zorn Gottes, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit.8Und der Tempel wurde voll Rauch von der Herrlichkeit Gottes und von seiner Kraft; und niemand konnte in den Tempel gehen, bis die sieben Plagen der sieben Engel vollendet waren.


Nach der Anbetungshymne des Märtyrerchores am gläsernen Meer veränderte sich die Vision vor den Augen des Sehers. Johannes erkannte das Vorbild des salomonischen Tempels im Himmel für einen Augenblick. Kurz darauf wurde diese Vision vom Urbild des Zelthauses, der Stiftshütte, überlagert und verdrängt.
Dieser heilige Begegnungsort zwischen dem Herrn des Bundes und seinem halsstarrigen Volk war etwa 30 Meter lang, fünf Meter breit und fünf Meter hoch. Es stellte den Mittelpunkt des Volkes Israels während seiner 40-jährigen Wüstenwanderung dar. Solange der Herr zwischen ihnen zeltete, waren sie geborgen. Er ließ sein Volk auch in der öden Wüste nicht allein. Selbst in den Tagen des Zorns war er ihnen nahe. Das bedeutete für die Juden in der Diaspora einen Trost, dass sie den Tempel Gottes und die Stiftshütte in der Fremde sahen.
Das Zelthaus war jedoch auch der Ort für entscheidende Gerichte und Strafen. Sobald die Herrlichkeit des Herrn dort in der Wolke erschien, bedeutete das nicht nur Gnade und Trost, sondern auch harte Strafen und vernichtendes Gericht (4. Mose 14, 3-33; 16,1-35; 17,6-15 u.a.).
In der himmlischen Vision erkannte der Seher, wie der Vorhang am Zelthaus sich auftat, so als ob der Gesang der Märtyrer am gläsernen Meer eine neue Epoche im Endgericht eingeleitet hätte. Der Vorhang zum Heiligen blieb normalerweise geschlossen. Der schwere Vorhang zum Allerheiligsten wurde nur am großen Versöhnungstag kurz geöffnet, damit der Hohepriester eintreten und sich selbst, das Heiligtum und das Volk mit Gott versöhnen konnte. Wenn jedoch die Vorhänge zum Tempel sich von alleine auftaten, bedeutete das, dass die Herrlichkeit Gottes zum Gericht erschien (4. Mose 14,10). Kein Sterblicher kann den Heiligen sehen. Er würde durch die Macht seiner Herrlichkeits-Strahlen getötet. Das Öffnen des Tempels bedeutet den Beginn der Gerichte.
Zunächst erschienen sieben Engel in priesterlicher vornehmer Bekleidung. Sie waren mit glänzend weißem Leinen bedeckt. Der goldene Gürtel um ihre Brust deutete auf ihre gottesdienstlichen Aufgaben. Sie besaßen keine Flügel und benötigten auch keine, da Engel Licht und Feuer sind und sich schneller als das Licht bewegen.
Die sieben Engel kamen aus der Gegenwart Gottes und waren für die Durchführung seiner Gerichte verantwortlich. Die genaue Ausführung dieser bitteren Aufgabe war ihr Gottesdienst.
Die sieben Gerichtsengel kamen nicht mit leeren Händen. Einer der vier Thronwächter im Allerheiligsten hatte ihnen große goldene Schalen gereicht, bis zum Rand mit Gottes Zorn gefüllt. In dieser Endzeitsituation wird nicht mehr vom Kelch des Zorns geredet (Offenbarung 14,10), sondern von vollen Schalen seines Grimms. Nicht Naturgewalten oder Dämonen führen die Gerichte des Allmächtigen durch, sondern seine heiligen und reinen Engelfürsten, die keiner hindern kann, den Willen Ihres Herrn zu tun.
Nachdem die sieben Engel den Tempel im Himmel verlassen hatten, füllte er sich mit undurchdringlichem Rauch. Vielleicht ist dabei an Weihrauch gedacht. Das deutsche Wort "Rauch" ist eng mit dem arabischen Wort für Geist "RUH" verwandt. Die Herrlichkeit Gottes hüllte sich in eine Wolke seines Heiligen Geistes. Niemand sollte sehen, wie Gottes Zorn aussieht, niemand könnte ihn ertragen. Wenn wir den Gekreuzigten ansehen, ahnen wir etwas warum er zuvor gebetet hatte: Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! (Matthäus 26,39). Der gesamte Zorn des Vaters über die Sünde der Welt wurde von Jesus erlitten. Jetzt aber ballte sich Gottes Zorn über alle Verhärteten zusammen, die das qualvolle Sühneopfer seines geliebten Sohnes verspotteten, ablehnten, verachteten, leugneten oder darüber lästerten.
Der Endzorn Gottes stammt aus seiner Herrlichkeit. Dies ist kein ungerechter Zorn und kein Zeichen der Unbeherrschtheit oder Mangel an Vernunft. Im Alten Testament lesen wir mehr als 50 Mal vom Zorn des Herrn (Jahwe). Zorn ist bei Gott Liebe, um den Widerstand gegen sein Heil zu brechen. Der Herr ist langsam zum Zorn, wie er Jesaja offenbarte: Ich halte meinen Zorn lange zurück, ich bezähme mich dir zugut, damit du nicht ausgerottet wirst (Jesaja 48,9). Der Herr ist geduldig, aber er läßt niemand ungestraft (4. Mose 14,18). Wir sollten nicht nur von der Liebe Gottes und seiner Gnade reden, sondern auch von seinem heiligen Zorn. Wir sollten den Herrn über alle Dinge fürchten, lieben und ihm vertrauen. Er ist die eigentliche Gefahr für jeden Sünder. Nur er verdammt. Jesus hat uns nicht nur von Sünde, Tod und Teufel, sondern vor allem vom Zorn Gottes und den Anklagen seines Gesetzes gerettet. Wer sich dem Lamm ausliefert, ist befreit von dem vernichtenden Zorn Gottes.
Der Tempel Gottes war voll seiner verhüllten Herrlichkeit. Selbst in seinem Zorn bleibt er seinen Heiligen gegenüber nahe und geduldig. Niemand hatte jedoch Zutritt zum Richter bei seinem entscheidenden Tun. Er strafte die Anbeter Satans und die Feinde seines Sohnes. Gott leidet Unsägliches in seinem Zorn, wegen den Vernichtungsstrafen, die seine geliebten Geschöpfe treffen müssen.