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Commentaries
German
Offenbarung
  
7. Der Strom des Lebens vom Thron Gottes und seines Lammes (Offenbarung 22,1-2)
22,1Und er zeigte mir einen Strom lebendigen Wassers, klar wie Kristall, der ausgeht von dem Thron Gottes und des Lammes;2mitten auf dem Platz und auf beiden Seiten des Stromes Bäume des Lebens, die tragen zwölfmal Früchte, jeden Monat bringen sie ihre Frucht, und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker.

Der Apostel Johannes lebte in der Welt der Prophetie des Alten Testaments. Oft und viel hatte er in den Weissagungen geforscht, die der Herr den früheren Propheten verheißen hatte. Der Engel in der Offenbarung kannte den Herzenswunsch des Johannes, die Erfüllung dieser alttestamentlichen Prophetie zu schauen, und so zeigte er sie ihm in neuen Bildern, welche die früheren Offenbarungen bestätigten und erweiterten. Johannes wiederholte die alttestamentlichen Verheißungen in seinem Buch nicht wörtlich, sondern schrieb treu und genau das auf, was er sah und hörte. Dennoch zeigen seine Worte über die Erfüllung von Verheißungen Differenzen zu älteren Weissagungen. Die Offenbarung Christi an Johannes ist somit die Zusammenfassung und die Weiterentwicklung der alttestamentlichen Weissagungen über das Ende der Zeit und das Hervorbrechen der verheißenen Welt.
Der neue Abschnitt in den Visionen des Sehers beginnt mit den Worten:
„Der Engel zeigte mir einen kristallklaren Strom.“ Johannes bezeugt mit dieser Beschreibung, dass er keiner Einbildung oder Phantasie folgte, sondern einen realen Strom sah. Im Nahen Osten gibt es nur wenige Ströme: den Nil, einen der längsten Flüsse der Erde, sowie im Zweistromland den Euphrat und den Tigris. Alle anderen Wasserläufe, auch der Jordan, sind lediglich kleine Flüsse oder Bäche, da ihr Wasser von der Quelle an für die Landwirtschaft oder als Trinkwasser abgepumpt wird. Ein breiter Strom ist im Nahen Osten etwas ganz Besonderes und wird oft als fließendes Meer bezeichnet. Die meisten Wasserläufe sind jedoch nicht kristallklar und rein, sondern trüb und schmutzig. Da es in der neuen Schöpfung einen kristallklaren Urstrom gibt, könnten dort Wasser und irdisches Leben denkbar sein.
Der Strom hat außerdem einen trostvollen Namen. Er heißt „Wasser des Lebens“. Wir lasen früher schon vom „Buch des Lebens“ und vom „Baum des Lebens“. Immer ist dabei nicht an das irdische, sondern an das ewige Leben gedacht. Dieses göttliche Leben, das nicht stirbt, tritt nicht tröpfelnd wie aus einer schwachen Quelle hervor, sondern als ein mächtiger, kristallklarer, reiner Strom. „Sein Wasser fließt frei und mächtiglich.“ „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“ (Johannes 1,16)
Mit dem üppig fließenden Strom wird in der Vision des Johannes der Heilige Geist bildlich dargestellt. „Gott gibt den Geist ohne Maß.“ (Johannes 3,34; 7,38-39) Der Geist Gottes steht jedermann zur Verfügung, seit Christus am Kreuz die Sünde der Welt getragen und unsere Strafe gebüßt hat. Wir sind mit Gott Versöhnte. Seither hält kein hoher Damm das Meer der Gnade länger zurück. Wen da dürstet, der komme und trinke, so viel er kann und will (Hesekiel 47,1-12; Sacharja 14,8; Johannes 7, 37).
In den alttestamentlichen Verheißungen floss das Lebenswasser aus dem Tempel, aus dem irdischen Jerusalem heraus. Johannes aber erkannte plötzlich den erhabenen Thron Gottes mitten auf dem Markt- und Anbetungsplatz im neuen Jerusalem. Da war kein schützender Tempel mehr nötig, um den heiligen Herrlichen von unreinen Sündern abzuschirmen und umgekehrt! Im neuen Jerusalem waren alle rein, heilig und herrlich. Deshalb stand Gottes Thron offen und unverhüllt mitten in der Stadt. Gott der Vater lebte zwischen seinen Kindern. Sie waren bei ihm zu Hause. Dabei gab es keine plumpen Vertraulichkeiten, wohl aber Liebe und Güte, Hoheit und Majestät, heiliges Erbarmen und herrliche Weisheit. Aus diesem Thron der Gnade mitten in der Stadt Gottes floss der Strom des Lebenswassers in die neue Welt. Er begann nicht als kleiner Bach, der erst durch Zuflüsse anschwillt, sondern war sofort ein breiter Strom. Die Gnade Gottes ist unbegrenzt groß für alle, die ihn lieben.
Gott der Vater saß aber nicht allein auf dem weiträumigen Thron, denn sein Sohn, das geschächtete Lämmlein, saß dort mit ihm. Wir lesen in den Endkapiteln der Offenbarung neunmal vom Lamm Gottes (19,7.9; 21,9.14.22.23.27; 22.1.3). Dreimal findet sich in diesen Versen der spezielle Ausdruck „Gott und das Lamm“. Beide werden dabei gemeinsam mit der Einzahl angesprochen, denn sie sind eins, obwohl sie als zwei Personen erscheinen. Sie denken und handeln in völliger Harmonie, in absoluter Einheit.
Das Wasser des Lebens geht vom Vater und Sohn aus. Dieses Lebenswasser ist der Heilige Geist, das ewige Leben und die Liebe Gottes. Der Heilige Geist ist der Geist des Vaters und des Sohnes. Er wird zusammen mit dem Vater und dem Sohn angebetet. Johannes nennt Jesus in diesem Zusammenhang nicht „Gottes Sohn“, sondern das „Lämmlein“, das für alle Sünden geschlachtet worden ist. Deshalb kann der Geist Gottes ungehindert zu allen fließen und in allen Wohnung nehmen, die Buße tun und Gott und sein Lamm lieben. Dieser Durchbruch und Sieg Christi erfolgte auf Golgatha und realisierte sich an Pfingsten. Seither fließt der Strom des Lebens und der Kraft Gottes durch alle Lande, für jedermann, nicht nur in der jetzigen Zeit, sondern auch in der Ewigkeit (Psalm 51,12-14; Hesekiel 36,26-27; Joel 3,1-5; Johannes 3,16; Römer 5,5 u. a.).

Der griechische Text lässt den Gedanken zu, dass Bäume des Lebens mitten auf dem großen freien Platz in der Hauptstadt stehen, wie auch unzählige Bäume mit gesundem Holz auf beiden Seiten des Stromes hervorsprießen. Wer tief im Evangelium verwurzelt ist, bringt viel Frucht (Psalm 1,1-3)! Das Wasser des Lebens verwandelt uns in Lebensbäume, die auch in der drückendsten Hitze immer grün bleiben und nicht nur einmal im Jahr, sondern ständig, bis zu zwölfmal jährlich, geistliche Früchte bringen. Bedingung dafür ist, dass sie am Fluss des Lebens stehen bleiben. Die Palmenhaine am Nil oder am Euphrat strotzen vor Kraft und Leben, obwohl wenige hundert Meter hinter ihnen die Wüste beginnt. Das Grundwasser tränkt ihre Wurzeln ununterbrochen und schafft viel Frucht.
Der Evangelist schreibt eigenartigerweise, dass die „Blätter“ dieser Bäume Kranke heilen können. Wer das Evangelium vervielfältigt und Andachten und Predigten druckt oder verteilt, bringt Gesundheit und Leben zu den Glaubensschwachen oder in Sünden Toten. Schon oft sind die Blätter eines dünnen Traktates oder eines geistlichen Buches für fernstehende Menschen zur Ursache des Lebens geworden. Wir sollten nicht nur geistliche Früchte bringen, sondern auch evangelistische Blätter in großer Zahl verteilen, um in unseren Völkern das Leben aus Gott und geistliche Gesundheit zu fördern.
In Offenbarung 22,2 wird von Nationen berichtet, die durch die Blätter der Bäume am Fluss des Lebens gesund werden. Wir wissen nicht, welche Völker in der sündlosen Neuschöpfung damit gemeint sind. Vielleicht bekommen Millionen Hindus, Buddhisten, Chinesen, Muslime und Animisten, die noch nie etwas von Jesus und seinem Heil gehört haben, in der Ewigkeit eine weitere Chance, falls sie guten Willens sind und sich nicht gegen das Evangelium sträuben. Zwei Drittel der Menschheit kennen Gott und sein Lamm noch nicht. Wer von ihnen entsprechend dem Vorauswissen Gottes ins Lebensbuch des Lammes eingetragen ist, erhält auch in der Ewigkeit eine Chance zum Glauben.
Wer jedoch nach dem Völkergericht (Matthäus 25,41) unter dem Fluch Christi steht, wird in der neuen Schöpfung nicht mehr existieren. Die Verdammten werden nicht aus dem feurigen Pfuhl steigen und durch das Lebenswasser und die Blätter der Lebensbäume gesund werden, wie etwa Muhammad in seinen Traditionen behauptet. Im neuen Paradies gibt es keine Schlange, keinen Versucher und keinen Tod. Alle Lebenden haben ihre Sünden zuvor dem Lamm bekannt und unrechtes Gut zurückgegeben. Auf ihnen liegt kein Bann mehr (Josua 7,12), denn das Blut Jesu, des Sohnes Gottes, machte sie rein von aller Sünde (1. Johannes 1,7).

Johannes wiederholt die kultisch-theologische Sensation der Offenbarung und spezifiziert sie: der Thron Gottes und des Lammes wird mitten in der Stadt stehen (Offenbarung 22,3). Jedes Mal, wenn in der Offenbarung vom „Lamm Gottes“ die Rede ist, will der Apostel damit sagen: „Niemand kommt zum Vater, denn durch das geschächtete Lamm!“ Das Lamm ist der einzige Weg zu Gott, das wahre Recht und die unversiegbare Quelle des ewigen Lebens (Johannes 14,6). „Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut (…), ihm sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Offenbarung 1,5-6) Das Buch der Offenbarung kehrt damit zu seinem Anfang zurück. Das Zeugnis vom Blut des Lammes zieht sich durch alle Visionen hindurch bis zum herrlichen Ende. 29-mal ist in den 22 Kapiteln vom Lamm die Rede, und fünfmal von seinem Blut (1,5; 5,9; 7,14; 12,11; 19,13). Niemand, kein Jude, kein Muslim, kein Hindu, kein Buddhist oder wer immer er sei, niemand hat Zugang zum Thron Gottes außer durch das Blut des heiligen Lämmleins, das anstelle aller Sünder geschächtet worden ist (Matthäus 26,28; Lukas 22,20; Johannes 6,53-55; 19,34; Apostelgeschichte 20,28; Römer 3,25; 5,9; 1. Korinther 10,16; Epheser 1,7; 2,13; Kolosser 1,20; 1. Petrus 1,2.19; 1. Johannes 1,7; Hebräer 9,7.12.14.20.25; 10,19.29; 12,24; 13,12.20; Offenbarung s. o.).
Wir wollen den Vater und den Sohn durch den Heiligen Geist anbeten, da alle Gnade und Gerechtigkeit allein durch das Blut Jesu Christi zu uns kommen. „Durch ihn haben wir (Judenchristen und Heidenchristen) alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater.“ (Epheser 2,18; siehe auch 3,12; 4,16 u. a.) Dieses Geheimnis bestätigt auch die Offenbarung. Der heilige Gott öffnet um Jesu willen seine Herrlichkeit, so dass wir im Innersten seines Herzens seine gerechte Liebe sehen können.