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Commentaries
German
Offenbarung
  
7. Der Brief Jesu Christi an den Gemeindeleiter in Laodizea (Offenbarung 3,14-21)
14Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: Das sagt, der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes:15Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest!16Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.17Du sprichst: Ich bin reich und habe genug und brauche nichts! und weißt nicht, dass du elend und jämmerlich bist, arm, blind und bloß.18Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, damit du sie anziehst und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde, und Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du sehen mögest.19Welche ich liebhabe, die weise ich zurecht und züchtige ich. So sei nun eifrig und tue Buße!20Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.21Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.

Der auferstandene Herr diktierte dem greisen Johannes auf Patmos einen erschütternden, seelsorgerlichen Brief an den Gemeindeleiter in Laodizea. Diese Bezirksstadt in Phrygien lag am Lykosfluß und wurde schon zwanzig Jahre zuvor in dem Brief des Paulus an die Kolosser mehrere Male erwähnt (Kol. 2,1; 4,13-16).
Damals versuchten jüdische Lehrer, die junge Gemeinde in Laodizea unter das Joch des alttestamentlichen Gesetzes mit seinen Speiseverboten, Festtagsordnungen und seiner Beschneidung zu bringen. Daneben war eine Irrlehre in die Gemeinde eingesickert, die die Gläubigen zur Kontaktaufnahme mit Engelmächten anleitete. Außerdem trugen Vertreter der griechischen Philosophie ihre hellenistischen Ideen in die Gemeinde hinein, so dass Paulus und Epaphras einen erheblichen Gebetskampf gegen diese fremden Geister kämpfen mußten. Der Apostel der Völker bezeugte der Gemeinde deshalb Christus als die Summe aller Weisheit und Erkenntnis, da in ihm die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt. Nach seinem Sühnetod und seinem glorreichen Auferstehen hat er sich zur Rechten Gottes gesetzt und durch seinen Geist Wohnung in allen genommen, die auf ihn warten (Kol 1,19.27; 2,3,9+14).
In der Zeit nach Paulus hatte sich die Situation der Gemeinde in Laodizea verschlechtert. Der letzte der sieben Briefe Jesu an die Christen in Kleinasien gleicht einem Eilbrief, einer Faxmitteilung oder einem göttlichen Erlaß direkt aus dem Himmel, in welchem der König aller Könige seinem Gesandten in Laodizea eine betrübliche Offenbarung und den einzigen Weg zur letzten Rettung seiner selbst und seiner Gemeinde vor Augen stellt.

An den verweltlichten Gemeindeleiter wendet sich der „Amen“ persönlich, der „treue und wahrhaftige Zeuge“, der „Anfang der Schöpfung Gottes“ (Offb. 3,14). Jesus stellt sich als die personifizierte Wahrheit und die gültige Garantie für alle Verheißungen Gottes im Alten und Neuen Testament vor (2. Kor. 1,19-20). Jesus war der treue und wahrhaftige Zeuge, der vor den siebzig Abgeordneten des Hohen Rates sein Sitzen zur Rechten Gottes seines Vater (Ps. 110,1) und sein Kommen als Richter aller Welten nicht verschwieg. Er blieb treu bis zum Tod am Kreuz und besiegelte am Karfreitag mit seinem Blut die Versöhnung Gottes mit der aufrührerischen Welt (Offb. 1,5).
In Jesus existiert keine List, kein Trick, keine Heuchelei, kein Betrug, wie etwa bei Allah im Islam (Sure 3,54; 8,30). Jesus lebte, was er sagte. In ihm realisierten sich das göttliche Ja zur abgefallenen Menschheit und das göttliche Nein zu Sünde, Tod und Teufel. Jesus ist das Amen Gottes unter alle seine Offenbarungen, Gebote und Segnungen (Eph. 1,3).
Jesus lehrte keine blutleere Philosophie und propagierte keine hohle Spekulation. Vielmehr offenbarte er an Ostern mit seiner Auferstehung von den Toten die Realität seiner heiligen, wunderbaren Existenz als Gott und Mensch und stellte uns mit seinem Geistleib unsere Hoffnung des ewigen Lebens sichtbar vor Augen. Er ist der Beginn der neuen Schöpfung und damit der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch ihn (Joh. 14,6).
An Pfingsten gossen der Vater und der Sohn die Kraft des Heiligen Geistes zur Erfüllung ihrer Verheißungen auf die wartenden Beter aus. Damit realisierte sich die neue, geistgeborene Schöpfung, die bereits mit der Geburt Christi begonnen hatte, auch in gerechtfertigten Sündern. Jesus ist der Ursprung, der Erstling und das Haupt seiner Gemeinde. Er bestätigt mit seiner Selbstvorstellung das frühere Zeugnis des Apostels Paulus an die Gemeinde in Laodizea (Kol. 1,18; Eph. 3,2-11; Joh. 1,3). Die glühende Retterliebe Jesu ist die einzig gültige Wahrheit. Sie sollte auch den trägen Gemeindeleiter in Laodizea zu einer neuen Hoffnung anspornen.

Jesus litt unter den langweiligen Gottesdiensten in Laodizea. Er hörte nur leiernde, laue Gebete, sah angefangene Dienste, die nie zu Ende geführt wurden, und stellte eine nachlässige Seelsorge fest. Alles andere in der Stadt war den Christen wichtiger als das geistliche Leben der Gemeinde. Niemand stritt über Glaubensfragen, keiner war dagegen oder dafür. Zu den Versammlungen kamen noch einige alte Treue oder Mitläufer. Niemand war begeistert. Satan ließ diese Gemeinde völlig in Ruhe. Sie schlief und dämmerte vor sich hin. Von dort drohte ihm keine Gefahr. Alle waren satt und selbstzufrieden. Der vermeintlich goldene Mittelweg mit vielseitigen Kompromissen und einer Mehrheitszustimmung zum Nichtstun bedeuteten in Wirklichkeit den Anfang vom Ende und die letzte Stufe vor dem Absturz. Die Gemeinde war vergammelt und merkte nicht, dass sie ins Gericht Gottes hineintaumelte.
Der Ruf Jesu: „Ach, dass du kalt oder heiß wärest“, sollte den Gemeindeleiter und seine Gemeinde aufwecken. Johann Albrecht Bengel schreibt: „Wie die Seele, so die Werke!“ Jesus zieht eine eiskalte, ablehnende und ihn abstoßende Gemeinde einer lauwarmen, multikulturellen, gleichgültigen Religionsmischung vor. Der mangelnde Dank gegenüber dem Opfer des Lammes Gottes ist schlimmer als seine Ablehnung!
Jesus erwartet von uns siedendheiße Liebe. Wer siedendes Wasser singen hört und seine Temperatur prüft, kann erkennen, dass es trotz ständiger Aufheizung geraume Zeit dieselbe Temperatur von 100° C behält, denn das Wasser wird mit Energie aufgeladen, bevor es kocht und sprudelt. So soll unsere Seele von der Kraft des Geistes Gottes aufgeladen und durchdrungen werden, damit wir Jesus mit Ausdauer dienen und seine Liebe in eine liebeleere Welt ausstrahlen können. Dann kann er uns zum Schluß sagen: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan (Mt. 25,40).
Jesus erwartet von jedem Gemeindeleiter wie auch von dir eine klare Stellungnahme. Er zwingt niemanden seine Gnade anzunehmen oder abzulehnen, wie er uns auch nicht zwingt, für ihn zu brennen. Er wartet jedoch auf deine Entscheidung. Laß dich einschalten in die ewige Kraftzufuhr aus seiner Fülle!

Der Herr Jesus ekelt sich vor einem Gläubigen, dem alles gleichgültig ist, der satt und gelangweilt dahinlebt, der niemanden liebt und niemanden haßt. Einen Aussätzigen rührte Jesus in seiner Liebe an und heilte ihn, aber einen lauwarmen Gemeindeleiter speit er aus. Der Herr redet dabei nicht von einem beiläufigen Ausspucken, sondern von einem urgewaltigen Erbrechen und Ausspeien. Das laue, abgestandene Wasser in seinem Mund wird ihm auf die Dauer unerträglich. Geistlich verstanden heißt das Ausspeien aus dem Mund des Herrn, dass er den Namen des desinteressierten Gemeindeleiters nicht mehr in seinem Munde führen und ihn nie wieder vor seinem Vater im Himmel aussprechen wird!
Bei den sechs zuvor angesprochenen Predigern hat Jesus seinen Mahn- und Bußworten oder seiner Ermutigung immer eine Beschreibung der Gemeindesituation und sein Lob für viele Dienste und Geduld vorausgeschickt. In Laodizea aber redet er anders. Hier sehen und hören wir den flammenden Zorn des Lammes Gottes in einem ultimativen Drohwort. Bei diesem Pastor half keine Logik und kein Zureden mehr, nur noch der Schock.
Die Zornesglut Jesu war die letzte Hoffnung für den dahinsiechenden Prediger. Bisher hatte Jesus viermal an seine Gesandten schreiben lassen: „Ich habe wider dich! - wenngleich manches bei dir auch gut läuft.“ In Laodizea aber diktierte er vernichtend: „Du bist widerlich, du ekelst mich!“ Das war der Gipfel der Verurteilung.
Jesus ist ehrlich. Er sagte dem Seelsorger die Wahrheit, aber er rang immer noch um den Selbstzufriedenen. Er hatte ihn noch nicht aus seinem Mund ausgespien. Er ertrug ihn noch eine kurze Zeit mit der Hoffnung, dass er sofort und ganz Buße tue.

Nach dem aufrüttelnden Drohwort erklärte Jesus dem Mann in Laodizea dessen ganzes Elend. Der Gemeindeleiter war wohlhabend und geehrt und kaufte sich seine Leute ohne Gewissensbedenken mit Bestechung oder Geschenken. Alle ehrten ihn und dienerten vor ihm. Er war wie der reiche Kornbauer in Luk. 12,19 selbstzufrieden geworden.
Der Prediger dachte wahrscheinlich bei sich: „Ich besitze eine sichere Basis für die Zukunft. Die Gemeinde leidet keine Not. Ich kann sie nebenher mitfinanzieren“. Der Mann merkte nicht, wie er dem Herrn sein Recht, seine Ehre und den Dank stahl. Er erkannte nicht, dass alle Leistung, Kraft, Wohlstand, Erfolg, Gesundheit und Ehre letztlich aus dem göttlichen Segen stammen. Er war zwar reich an Geld und Gold, aber arm an Geist und Liebe. Alles drehte sich um sein erfolgreiches Ich. Er protzte mit seinem Erfolg, der in seinen guten Kleidern, Kutschen und Häusern sichtbar wurde. Er erzählte gern vom Aufbau seines Geschäfts und analysierte selbstgefällig seinen Erfolg. Vom Dank gegenüber Gott war wenig zu hören. Selbstzufriedenheit bedeutet im Grund genommen Aufruhr gegen den Herrn. Der Mann dachte vielleicht unbewußt: „Das habe ich alles selbst geschafft. Ich brauche keinen Heiland, Retter und Helfer. Ich besitze das Paradies bereits auf Erden. Ich kann in den Urlaub reisen und mit Erschauern das Elend anderer Völker sehen und schnell wieder vergessen!“
Dieser Gemeindeleiter ist das Urbild für viele Gläubige in unserer modernen Wohlstandsgesellschaft. Sie gehören nicht zu den Bettelarmen und nicht zu den Superreichen. Sie besitzen genug zum Leben und zum Urlaub. Fließend Wasser, elektrischer Strom und geteerte Straßen erleichtern ihnen das Leben. Sie haben alles, was sie brauchen - aber ihr Leben ist hohl und oberflächlich. Nichts regt sie so schnell mehr auf. Sie sind satt und zufrieden.
Jesus berichtet vom reichen Mann und dem armen Lazarus vor seiner Tür. Der reiche Mann spiegelt das Bild des Gemeindeleiters in Laodizea und vieler Gläubigen in unserer Gesellschaft wider. Verspätete Reue in der Hölle war das Ergebnis, als der Reiche in Qual und Pein erwachte.
Jesus liebte auch den im Wohlstand gleichgültigen Prediger, obwohl er ihn zum Ausspeien anekelte. Er stellte ihm seinen erbarmungswürdigen Zustand vor Augen und offenbarte ihm seine unsichtbaren Krankheiten. Der Herr fand kein Lob für diesen Mann, nur noch Mitleid! Der Seelsorger war zwar noch ein Gesandter Jesu Christi, aber er hatte sein geistliches Leben sträflich vernachlässigt. In Gottes Augen stellte er eine Jammergestalt dar. Sein Elend zeigte sich auf drei Ebenen:
Er vegetierte im Geist innerlich leer dahin. Er besaß keine göttliche Kraft mehr. Er hatte den missionarischen Weitblick verloren. Seine Geschäfte und sein Erfolg hatten ihn voll in Beschlag genommen. Sein Unterbewußtsein war angefüllt mit Zahlen, Projekten und Kalkulationen. Die himmlische Dimension in ihm war verkümmert. Er war geistlich arm geworden.
Er war aber auch geistlich blind. Er sah nicht mehr die Heiligkeit und Liebe Gottes. Deshalb erkannte er auch seine eigene Sündhaftigkeit und Verdorbenheit nicht. Er begriff nicht, dass er kurz vor dem Ende seines Lebens stand, und träumte: „Ich weiß alles und habe alle in der Hand.“ Er meinte alles zu überschauen und war doch blind geworden.
Vielleicht bedauerten ihn die anderen Gemeindeleiter in Kleinasien. Sie waren zwar arm an Geld und besaßen wenig Einfluß in der Gesellschaft. Sie waren jedoch reich in Gott. Sie taten Buße über ihren Versäumnissen. Er aber dachte, das habe er nicht nötig. Heute leben viele Erfolgsmenschen von Herzmitteln und fordern ständig neue Kuren. Ihr Terminkalender jagt sie, so dass sie keine innere Ruhe mehr finden können. Sie stehen in Gefahr, arm in Gott und geistlich blind zu werden. Jesus gibt ihnen zu denken: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ (Mt. 16,26)
Jesus erklärte dem verirrten Verkündiger in Laodizea schließlich noch, er habe ihn durchschaut. Der Gemeindeleiter stehe bloß und nackt vor Gott und vor Menschen. Vielleicht lächelten manche über den geistlichen Versager, der aufgeblasen protzte und auf seinen Besitz und Einfluß pochte. Sein geistlicher Bankrott und die Diskrepanz zwischen seinem Anspruch und seiner Wirklichkeit waren offensichtlich geworden. Er dachte, er sei etwas, aber das spöttische, bedauernde Lächeln über ihn hatte begonnen. Er sagte, er sei sehend, sah aber nichts. Wer denkt, er wisse über Gott und die Welt Bescheid, ist sehr begrenzt. Wo nicht der Herr uns die Augen öffnet, bleiben wir geistlich blind, und wer nicht von neuem geboren wird, kann das Reich Gottes nicht sehen (Joh. 3,3).

Jesus redete mit dem Kaufmann wie ein Kaufmann. Er befahl ihm nicht kurzerhand, Buße zu tun oder umzudenken, sondern empfahl ihm freundlich, im Sprachgebrauch eines Händlers, sich aus eigenem Entschluß erstklassige Himmelsgüter zu erwerben. Sie allein hätten Ewigkeitswert. Jesus gab dem aufgeblasenen Reichen eine letzte Chance. Er rang um den satten, selbstzufriedenen Prediger wie um seinen eigenen Bruder.
Bei der göttlichen Inventur hatten sich die Regale und Konten des Gemeindeleiters als leer erwiesen. In seiner Kasse war kein geistliches Gold und nichts mit Ewigkeitswert zu finden. Der Prediger mußte begreifen, dass sein irdischer Reichtum im Himmel wertlos war. Er mußte in einem Willensakt seine bisherigen Wertmaßstäbe weglegen und den göttlichen Maßstab annehmen.
Jesus empfahl dem geschäftstüchtigen Seelsorger, bei ihm Gold einzukaufen, das im Feuer geläutert war. Laodizea war in jener Zeit für die Produktion von Feingold bekannt, das in heißem Feuer geläutert wurde. Vielleicht hat der Angesprochene an dieser Goldproduktion sein Geld verdient. Darauf mochte Jesus anspielen, als er ihm anbot, besseres Gold von ihm zu kaufen. Dieses Gold Jesu ist sein Heil, das im Feuer des Zorns Gottes geläutert wurde. Sein Gold ist nicht mit Geld zu erwerben. Es wird nur umsonst abgegeben, weil kein Mensch in der Lage ist, den unbezahlbaren Gegenwert dafür aufzubringen. Unsere Rechtfertigung aus Gnaden, die Vergebung aller unserer Sünden und die Reinigung unseres Gewissens erschließt sich allein dem Glauben an Gottes Lamm und sein stellvertretendes Leiden und Sterben. Wir wurden nicht mit Gold oder Silber erlöst, sondern durch das unschuldige Leiden und Sterben des Sohnes Gottes. Diese Währung allein hat im Himmel Zahlkraft. Der Kaufmann mußte lernen umzudenken, die Umwertung aller Werte annehmen und Jesus für sein unbezahlbares Geschenk danken (1. Petr. 1,18-19).
Im Islam allerdings muss der Muslim seine vage Hoffnung auf einen Platz im Paradies teuer bezahlen. Beten, Fasten, Wallfahrten, Religionssteuer und Blutvergießen im Heiligen Krieg stellen seine Zahlungsmittel dar (Suren 35,29-30; 9,111). Er weiß aber nie, ob er genügend gute Taten nachweisen kann, um seine Sünden aufzuwiegen. Er besitzt kein himmlisches Gold, das ihm umsonst gegeben wurde. Ein Muslim lehnt jede Stellvertretung im Gericht, die Realität des Sohnes Gottes und das Heil aus Gnaden ab und bleibt deshalb schuldig, unruhig und geistlich arm.
Jesus befahl Johannes, dem geschäftstüchtigen Seelsorger in Laodizea zu schreiben, er möge strahlend weiße Kleider von ihm kaufen und sie auch anziehen, damit seine Schande nicht offenbar werde. Laodizea hatte neben der Goldproduktion auch eine beachtliche Textilindustrie aufgebaut, die auf die Herstellung schwarzer Stoffe spezialisiert war. Aus diesen feinen Stoffen wurde die offizielle Amtsbekleidung hergestellt. Beamte sollten in würdiger Form ihr Amt und ihre Autorität repräsentieren. Vielleicht hat der Prediger-Kaufmann mit solchen Stoffen gehandelt und sich selbst einige Anzüge davon anmessen lassen. Jesus aber ermutigte ihn, diese irdische Ehre und seinen Amtsfimmel abzulegen und weiße Kleider vom Himmel anzuziehen. Diese neuen Kleider bezeugen die umsonst verliehene Reinheit allein aus Gnade.
Im Nahen Osten wurden Verbrecher, die zum Tode verurteilt waren, oft entkleidet, um sie nackt, verächtlich darzustellen. Der Sohn Gottes hat auch diese Strafe an unserer Stelle erlitten. Auf seine Nachfolger wartet seither keine Verurteilung mit Nacktheit mehr, sondern der Freispruch in Ehrenkleidern. Freigesprochene konnten in Kleinasien das Gerichtsgebäude zum Zeichen ihrer Schuldlosigkeit in weißen Kleidern verlassen. Jesus forderte den Prediger auf, seinen schwarzen Traditionsrock auszuziehen und wegzuwerfen und weiße Kleider zum Zeichen seiner Rechtfertigung anzuziehen. Er sollte bekennen, dass Kleidung, Geld und Menschenehre vor Gott wertlos sind. Die Reinigung unserer Herzen durch Christi Blut ist jedoch unerläßlich für unsere Annahme bei Gott.
Jesus ging in seiner Seelsorge an dem verweltlichten Gemeindeleiter noch weiter und empfahl ihm, Augensalbe vom himmlischen Arzt zu kaufen, damit er wieder klar sehen könne. Das war der letzte Pfeil der Liebe Gottes, der am tiefsten ins Herz des Predigers treffen sollte. Die Stadt Laodizea hatte eine berühmte Augensalbe entwickelt, die in viele Länder verkauft wurde. Im Nahen Osten gibt es häufig Augenkrankheiten und Hunderttausende von Blinden wegen Staub, mangelnder Hygiene und Inzucht. Vielleicht hatte der Prediger mit dieser Augensalbe gehandelt und gute Geschäfte gemacht. Jetzt sagte Jesus zu ihm: „Komm zu mir und probiere meine Augensalbe. Du bekommst sie umsonst. Komm endlich herbei, damit du nicht weiterhin blind durchs Leben irrst, sondern offene Augen bekommst und mich erkennen kannst. Dann bist du auch in der Lage, dich selbst und deine Umwelt so wahrzunehmen, wie Gott sie sieht.“ Die Augensalbe, die Jesus umsonst weitergibt, ist der Heilige Geist. Ohne ihn kann niemand Christus seinen Herrn heißen (1. Kor. 12,3). Der Geistempfang bedeutet die Salbung, ohne die kein Glaubender ein Christ ist. Jesus selbst sagte: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen (Luk. 4,18).“ Der Gemeindeleiter sollte dieses Selbstzeugnis Jesu nachsprechen und bekennen, um sein Amt in der Vollmacht dieser Salbung durchzuführen.
Jesus hatte diesem Mann geschrieben: „Du bist blind!“ Viele denken, sie seien sehend, und sind doch blind. Wohl dem, der sagt: „Ich war blind und bin jetzt sehend, weil Jesus mir die Augen meines Herzens geöffnet hat.“ So erkennt er den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist.

Jesus ändert mit diesen Worten die Art seiner Seelsorge dem verlorenen Sohn gegenüber. Er redet jetzt nicht mehr als der zornige Sohn Gottes, noch als ein kluger Kaufmann, sondern als liebender Vater.
Jesus sichert dem Gemeindeleiter indirekt zu: „Ich, der Herr, liebe dich!“ Er redet dabei weder von der Liebe der Philosophen noch von der erotischen Liebe, sondern von der opferbereiten Liebe im Heiligen Geist. Jesu Retterliebe drängt ihn zu einer stufenweise Verschärfung seiner Erziehungsmethoden. Er will alles sagen und tun, um seinen Gesandten zur Besinnung und zur Umkehr zu bringen.
Nachdem Jesus ihm seine liebevolle Absicht zugesichert hat, geht er zu klarer Kritik über. Nur der ist ein guter Freund, der die Schwächen und Fehler des andern aufdeckt und lösende Worte der Liebe findet. Vergangenes Unrecht muss beim Namen genannt und bekannt werden. Die Mahnung Jesu an den Gemeindeleiter von Laodizea ist heftig und freundlich zugleich.
Er will ihn zum geistlichen Gehorsam führen. Der eigene Wille muss überwunden werden. Der Glaubensgehorsam ist der Weg zum Leben.
Sollte der Mann in Laodizea jedoch nicht hören wollen, muss er die göttliche Strafe fühlen. Jesus ist dann gezwungen, ihm alle seine glänzenden Projekte, Pläne, Sicherheiten und Hoffnungen zu zerschlagen. Der Prediger muss lernen, geistlich umzudenken. Falls er das nicht tut, hat Jesus nur die zwei Möglichkeiten, ihn entweder zu züchtigen oder auszuspeien. Wenn alles Reden nichts nützt, müssen Schläge herhalten. Viele Humanisten und moderne Erziehungswissenschaftler lieben die notwendigen Schläge der Erziehungsberechtigten nicht. Jesus zieht es jedoch vor, im flammenden Zorn seiner Liebe zu strafen, als seinen schuldigen Gesandten endgültig verloren gehen zu lassen. Der ist zwar ein Brechmittel für den heiligen Herrn, aber weil er ihn liebt, droht er ihm, ihn zu züchtigen, falls er sich nicht ändere.
Viele Eltern besitzen kaum noch die Autorität der Liebe, so dass sie ihre Kinder nur mit lauwarmen Worten mahnen und nicht mehr die seelische Kraft aufbringen, ihre Kinder mit Weisheit maßvoll zu strafen. Kinder warten oft auf eine gerechte Strafe, weil sie wissen, dass sie sie verdient haben!
Jesus fordert den Pastor in Laodizea auf: „Tu Busse, denke um, ändere deine Gedankenrichtung! Laß dich von mir inspirieren und erlaube nicht dem Machtdenken, dass es dich beherrsche.“ Echte Buße entsteht allein durch Jesus Christus in der Kraft seines Heiligen Geistes. Wir sollen Sünden nicht nur kurz und emotional bereuen, sondern bösen Neigungen in uns für immer den Kampf ansagen. Luther schrieb zum Anfang seiner Reformationsthesen: „Das Leben eines Christen sollte eine immerwährende Buße sein!“
Jesus hoffte, dass der geschäftsorientierte Eifer des Predigers in Laodizea durch einen geistlichen Eifer ersetzt werde. Nicht Feilschen und Rechnen sollten ihn beherrschen, sondern die Suche nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit (Mt. 6,33). Er sollte nicht mehr lau, gleichgültig, gelangweilt, unbesorgt und so nebenher seine geistlichen Dienste tun, sondern in der Siedehitze des Heiligen Geistes, voller Kraft, und alles daran setzen, dass jedes Glied seiner Gemeinde gerettet und geheiligt werde. Die faulen Kompromisse sollten aus seinem Leben verschwinden. Jesus stand vor ihm als richtender Retter und als treuer Heiland.

Jesus sagte zu dem Gemeindevorsteher in Laodizea, dass er bereits auf dem Weg zu ihm sei, schon seinen Ort erreicht habe, in sein Haus eingetreten sei und vor der Wohnzimmertüre stehe! Dort sei er allerdings zum Stehen gekommen, weil die Tür verschlossen war. Der Prediger hatte seine Herzenstür für den kommenden Heiland nicht offengehalten. Er lebte ohne Naherwartung. Es war ihm unwichtig, ob und wann der Herr komme. Er meinte alles zu haben, was er brauchte. Er wartete auf keinen Heiland.
Jesus drang nicht als der göttliche Gerichtsvollzieher mit Gewalt in das Haus und Herz dieses Mannes ein. Der Herr der Welten stand demütig vor der Tür und klopfte! Er drückte die Türe nicht ein. Er rief deutlich den Namen des Besitzers und - wartete. Die Türe hatte von außen keine Klinke. Sie konnte nur von innen geöffnet werden. Die islamische Idee von der doppelten Prädestination findet in Jesus ihr Ende. Im Evangelium sagt der Herr nicht „sei“, dann ist es (Sure 3,47), vielmehr wartet der Herr auf die Entscheidung eines fragwürdigen Gemeindeleiters. Jesus erzieht keine Sklaven, die sich ihm bedingungslos unterwerfen, sondern ruft Kinder Gottes ins Leben, die ihm mit vollem Willen im Geist der Liebe gehorchen.
Das Bild vom Herrn, der an der Tür unserer Welt klopft, hat im Islam ein starkes Echo gefunden. Die Stunde des Weltgerichts heißt im Qur’an auch „die Klopfende“ (Sure 13,31; 69,4), die sich als Endzeitkatastrophe anmeldet und über alle hereinbrechen wird.
Was für ein Unterschied zur Offenbarung Jesu im Brief an den Gemeindeleiter in Laodizea! Der Herr der Welten stand vor der Herzenstür des geschäftstüchtigen Predigers und klopfte an. Er rief seinen Namen und wartete. Sein Kommen bedeutete keinen Weltuntergang und keine Katastrophe, sondern war Ausdruck der „ersten Liebe“ des Sohnes Gottes zu seinem ihm widerlich gewordenen Gesandten. Der Herr zerstörte ihn nicht, sondern rang um seine Rettung und um den Bestand seiner Gemeinde.
Die siebte Verheißung vom Kommen Jesu Christi hat wiederum keinen Gerichtsvollzug zum Ziel, sondern beabsichtigt einen verweltlichten Gemeindeleiter von seinem Geldgott zu retten.
Jesus hoffte, dass die Stimme seiner Liebe das Herz des gleichgültigen Predigers erreiche und hineindringe, damit dieser Mann endlich stehenbleibe, horche und ihm seine Herzenstüre weit auftue. Es ist eine große Gnade, wenn ein Mensch die Stimme Christi hört, die Wellenlänge des himmlischen Senders genau eingestellt hat und begreift, was sein Herr von ihm will. Jesus ist bereit, in jedes büßende Herz einzuziehen, das sich ihm bei seiner Ankunft öffnet.
Jesus lädt sich selbst bei uns als Gast ein. Er will zu uns kommen und mit seinem Vater und dem Heiligen Geist Wohnung in uns machen. Das Kommen Jesu in uns bedeutet die Einwohnung des Geistes Gottes im Menschen, das Kommen des Ewigen ins Sterbliche und die Gemeinschaft des Heiligen mit Sündern (Joh. 14,23).
Der römische Hauptmann in Kapernaum hatte bekannt: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst“ (Mt. 8,8; Luk. 7,6). So wie er ist kein Mensch würdig, Jesus zu empfangen. Dieser himmlische Gast aber reinigt und heiligt uns, damit wir würdig werden, ihn aufzunehmen. Der Gast bringt dabei das Abendmahl mit sich. Er bietet sich selbst als Speise an: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben“ (Joh. 6,54). Christen sind keine Menschenfresser, wie ihnen auf Grund dieses Verses bisweilen vorgeworfen wird. Jesus will jedoch so in uns hineinkommen, wie das Brot und der Wein beim Abendmahl in den Leib des Menschen eingehen und dort Kraft zum Leben werden.
Wo zeigt sich unsere Vorbereitung, unser Warten auf diesen heiligen Gast und unsere innige Liebe für ihn? Sind wir ihm dankbar für sein Kommen und beten wir ihn an?

Herr bleibe bei uns,
denn es will Abend werden
und der Tag hat sich geneigt.

Dem Gemeindeleiter in Laodizea, dem widerlichen Versager, bot Jesus die höchste Verheißung an! Dem, der keine Liebe verdiente, schenkte er seine ganze Liebe! Diese Verheißung Jesu Christi ist in der Lage, das kälteste Herz schmelzen zu lassen und auch einen gleichgültigen Satten zu erwärmen. Die Liebe Jesu ist stärker als Sünde und Tod.
Der Gang durch das Nadelöhr der Selbstverleugnung und das Ausziehen des alten Menschen wird jedoch keinem erspart. Nur wer sich selbst und seine Liebe zum Geld in der Kraft Christi überwindet, hat das Recht, dessen Zusage wörtlich zu nehmen. Der Tod des stolzen Ichs und die Befreiung zum Du im Geiste Christi nimmt unsere Auferstehung vorweg. Jesus betete in seinem hohenpriesterlichen Gebet: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast“ (Joh. 17,24). Die unbegreiflich große Ehre, die dem satten Gemeindeleiter in Laodizea angeboten wurde, enthält ein Angebot an alle Gemeindeleiter der Erde, denn da ist keiner der Gutes tue, auch nicht einer (Ps. 14,1; Röm. 3,9-18+23-24).
Jesus machte seine eigene Überwindung zum Maßstab unserer Überwindung. Er hatte Glauben geopfert, dass sein Heilandswerk trotz seines Todes am Kreuz vollendet sei. Er hatte seine Feinde geliebt und um die Vergebung ihrer Sünden gebeten, als er ans Kreuz genagelt wurde. Am Kreuz überwand er den Zorn Gottes, die letzte Versuchung Satans und das Recht des Todes an ihm und an uns. Christus ist Sieger! Von seiner Überwindung empfangen wir die Kraft zum Überwinden. In uns ist nur Schwachheit und Versagen. Er aber versichert uns: „Meine Gnade genügt für dich, denn meine Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung“ (2. Kor. 12,9). Deshalb konnte Johannes bezeugen: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1. Joh. 5,4).
Jesus bezeugte sein Leiden, sein Sterben und sein Siegen. Er bezeugte auch seine Auferstehung und seine Himmelfahrt und seine glorreiche Einsetzung in den Thron seines Vaters, so wie es der Heilige Geist schon tausend Jahre zuvor durch David bezeugt hatte: „Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache“ (Ps. 110,1). Diese Verheißung schließt auch den Islam mit ein.
Throne sind im Orient oft breite Couchen, so dass der Herrscher Ehrengäste neben sich setzen kann, um sie scheinbar am Mitherrschen und an seiner Ehre zu beteiligen.
In der Zentrale der Weltgeschichte verhält es sich jedoch anders. Dort hat der Vater dem Sohn tatsächlich alle Gewalt im Himmel und auf Erden übergeben. Er fürchtet nicht, dass sein Sohn mit dieser Vollmacht einen Aufruhr im Himmel gegen ihn anzetteln könnte, denn Jesus ist sanftmütig und von Herzen demütig (Mt. 11,29).
Alle Herrlichkeit, Macht, Reichtum, Weisheit, Stärke, Ehre, Ruhm, Lob und Segen sind in dem, der auf dem Thron sitzt, und im Lamm konzentriert (Offb. 5,12). Jesus nannte in dieser letzten seiner Verheißungen an die Gemeinden Kleinasiens, Gott aufs neue seinen Vater! Die Strahlkraft der Sonne verblaßt neben der Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes. Muhammad leugnet zwar im Qur’an 17mal die Gottessohnschaft Christi. Das aber ändert nichts an der Tatsache, dass der Sohn mit seinem Vater zusammen auf einem Thron sitzt und die Weltgeschichte fest in seinen Händen hält.
Die verborgene Herrlichkeit des Thrones Gottes erhellt sich, wenn wir begreifen, wie Jesus den Gemeindeleiter von Laodizea behandelte, leitete und ermutigte: Dem gleichgültigen Prediger, der mit seiner Liebe zum Geld eine große Schuld auf sich geladen hatte, der das schärfste Drohwort aus dem Munde seines Herrn hörte und den der dringendste Bußruf erreichte, diesem Versager bot Jesus seine innigste Liebe und seine höchste Verheißung an! Dieser Elende sollte mit Jesus zusammen auf seinem Thron sitzen, mit ihm herrschen, richten und seine Herrlichkeit sehen.
Der Thron Gottes und seines Lammes bedeutet also nicht allein Herrlichkeit, Macht, Hoheit und Gericht, sondern vor allem die Liebe Gottes, die alles menschliche Denken übersteigt. Die Heilige Dreieinigkeit ist bereit, jeden zerbrochenen Sünder anzunehmen und ihn in sich aufzunehmen, wenn er dem Zug der Liebe Christi gehorcht und sich von seiner Bosheit, seiner Lüge und seinem Stolz lösen läßt (Joh. 17,20-24).
Jesus ringt um jeden seiner Nachfolger. Keiner ist für ihn zu schlecht. Er gibt auch dich nicht auf. Die Seile seiner Liebe ziehen an jedem verlorenen Sohn und jeder verlorenen Tochter und ganz besonders an jedem schuldig gewordenen Gemeindeleiter.