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Commentaries
German
Offenbarung
  
III. Das Lamm Gottes öffnet die sieben Siegel

Das erste Siegel: Der Reiter auf dem weißen Pferd (Offenbarung 6,1-2)
6,1Und ich sah, dass das Lamm das erste der sieben Siegel auftat, und ich hörte eine der vier Gestalten sagen wie mit einer Donner-stimme: Komm!6,2Und ich sah, und siehe, ein weißes Pferd. Und der darauf saß, hatte einen Bogen, und ihm wurde eine Krone gegeben, und er zog aus sieghaft und um zu siegen.


An der offenen Himmelstür stand Johannes wie betäubt vom Jubel der Anbetung des Lammes durch die Ältesten, die Engelsheere und alle Kreatur. Die Luft war voll des Lobes Gottes und seines Sohnes.
Der Seher blickte gespannt auf den neu inthronisierten Herrscher im Himmel, um zu sehen, was er als erstes tun werde. Das Lamm setzte sich nicht auf seinem Thron zur Ruhe, sondern schritt sofort zu seiner ersten Amtshandlung: Es brach behutsam das erste Siegel der Buchrolle.
Jesus in seinem Erbarmen und in seiner Autorität als Herr des Alls handelt als Willensvollstrecker Gottes souverän. Er trat dem Elend der Welt ohne zu zögern entgegen. Er nahm den Kampf mit dem Bösen auf. Das Lamm hatte die Weltregierung angetreten.
Nach der Öffnung des ersten Siegels war die Buchrolle noch immer sechsfach verschlossen. Der Durchführungstext blieb bis zur Brechung des letzten Siegels auch weiterhin verborgen. Die thematischen Angaben auf der Außenseite der Rolle waren jedoch lesbar.
Als das Lamm im Thron das erste Siegel gebrochen hatte, rief der erste Thronwächter mit Donnerstimme: „Komm!“ Das Lamm redete nicht selbst; es saß im Thron und inspirierte seinen Diener, seinen Willen zu offenbaren. Jesus hielt die Zügel der Weltgeschichte in seiner Hand. Sein Diener rief den Befehl aus. Er kommandierte eine verborgene Person: Los! Lauf! Der Angesprochene, der in der Verborgenheit wartete, konnte sich nicht länger verstecken. Er mußte sofort seinen Lauf antreten.

Johannes sah erstaunt aus dem Nebel der Ewigkeit einen prächtigen Schimmel hervorgaloppieren. Das Tier war voller Energie - ein Königspferd! Es war sowohl für den Angriff geeignet als auch für den festen Stand im Nahkampf.
Der Reiter auf dem weißen Pferd hatte einen Bogen mit einer federnden Sehne in seiner Hand, um feurige oder giftige Pfeile abzuschießen. Er trug eine strahlende Krone. Diese legte er nicht zum Zeichen seiner Demut und seines Dankes vor dem Thron des Höchsten nieder, denn er erschien in eigener Macht, Energie, Autorität und Ehre. Er begann seinen Lauf selbstsicher und strahlend vor Pracht.

Die Ausleger schlagen für den ersten apokalyptischen Reiter verschiedene Deutungen vor. Einige davon sollen kurz genannt werden:
Etliche Ausleger vermuten, der Reiter sei Jesus Christus selbst, der nach dem Bericht des Johannes (Kapitel 19,11-16) als der auferstandene Herr wie ein Reiter auf einem weißen Pferd erscheine. Der Herr trägt jedoch nicht nur eine, sondern viele Kronen auf seinem Haupt. In seinem Gefolge sind keine Kriege, Teuerungen und Seuchen, sondern das Heer des Himmels auf weißen Pferden. Der wiederkommende Herr trägt keinen Angriffsbogen in seiner Hand, sondern ein Richtschwert.
Andere sehen in dem ersten Reiter der Apokalypse den Siegeszug des Evangeliums durch die Welt in Gestalt der Apostel, die Jesus kurz vor seiner Him-melfahrt zu allen Völkern gesandt hat. Die Booten des Lammes trugen jedoch keine Bögen für einen Angriff oder zu ihrer Selbstverteidigung, sondern sie ließen sich schlagen, steinigen und töten, so wie ihr Herr es ihnen bis zu seinem Tod am Kreuz vorgelebt hatte.
Etliche Ausleger sagen, der Reiter sei ein Sinnbild für die Parther, die nach 62 n. Chr. als gefürchtetes Reitervolk eine Gefahr für Kleinasien darstellten. Die Parther waren im Umgang mit Pfeil und Bogen so gewandt, dass sie selbst beim Rückzug noch gezielt rückwärts auf ihre Verfolger schießen konnten.
Manche wiederum, unter ihnen J. A. Bengel, A. Schlatter und H. Lilje, meinen, der Reiter auf dem weißen Pferd deute auf brutale Usurpatoren hin, die sich Entdeckungen, Eroberungen und moderne Technik zunutze machten, um ihr Ziel der Weltherrschaft zu verwirklichen.

Einige Ausleger, unter ihnen A. Fuhr und A. Pohl, sehen in dem Reiter auf dem weißen Pferd den Antichristen in seiner großen Macht und List. Johannes hat in seinem ersten Brief eindringlich vor dem Antichristen gewarnt und bezeugt, dass viele falsche Propheten in seinem Geist in die Welt ausgingen (1. Joh. 2,22-23; 4,3).
Wie Jesus gleich nach seiner Taufe vom Heiligen Geist in die Wüste getrieben wurde, um Satan gegenüberzutreten und ihn zu überwinden (Mt. 4,1-11), so mußte das Lamm Gottes nach seiner Inthronisierung als erstes in die Auseinandersetzung mit dem Vikar Satans, dem Antichristen, treten. Der Gegenchristus wußte die Herrschaft des Fürsten dieser Welt in Gefahr, als das Lämmlein zu regieren begann. Jesus zwang den Sohn Satans mit seiner ersten Amtshandlung, sich zu offen-baren und alle seine List und Macht auszuspielen, um endlich vernichtet zu werden (2. Thess. 2,3-12).
Wir schließen uns der Auslegung an, dass der Reiter auf dem weißen Pferd eine Aufeinanderfolge antichristlicher Mächte bedeutet, die als falsche Propheten versuchen, mit blendenden Programmen die Massen zu inspirieren, an sich zu binden und in darauffolgenden Kriegen zu vernichten. Diese Mächte sind siegreiche Feldherren, gewiefte Strategen und versierte Organisatoren. Ihre Armeen fegen jeden Widerstand weg. Aufrührer werden kurzerhand eliminiert. Die Massen folgen ihnen begeistert. Sie haben sie an sich gebunden durch Brot und Spiele, durch den gezielten Einsatz moderner Technik und Medien und durch das Versprechen einer neuen Weltordnung des Friedens in einer Wohlstands-gesellschaft.
Karl Marx propagierte ein Arbeiterparadies, Adolf Hitler ein ewiges Reich, Jamal Abd al-Nasser wollte das Analphabetentum der Agrokultur Ägyptens in eine moderne Technokultur katapultieren, Mao befahl mit seiner KulturRev.lution einen Sprung nach vorne, und Ajatollah Chomeini hoffte, das Reich Allahs auf dieser Erde aufzubauen. Millionen folgten begeistert diesen Führern, Diktatoren und falschen Propheten nach, opferten ihr Geld und ihr Leben und starben zum Schluß massenhaft durch Weltkriege, Hungersnöte und Seuchen. Ihre Führer hatten ihnen mit Hilfe der Technik den Himmel auf Erden versprochen. Doch sie endeten alle im Elend. Sie lehnten das Lamm Gottes und seinen Geist ab und endeten im ewigen Tod.
Zweifellos war auch Muhammad einer dieser antichristlichen Geister, ein falscher Prophet, der ein Fünftel der Menschheit gegen den gekreuzigten Gottessohn immunisierte. Er war der bisher wirksamste aller antichristlichen Geister unserer Erde, denn kein anderer konnte 1375 Jahre lang so viele Menschen an sich binden wie er.
Der Antichrist, der am Ende der Zeiten als der personifizierte Böse auftreten muss, wird sich seine Krone selbst aufsetzen, von Sieg zu Sieg schreiten, die Massen blenden, sie begeistern, sie an sich ketten und in einen weltweiten Kampf gegen den wahren Christus und seine Gemeinde führen. Im Anfang wird er wie ein Lamm als Friedefürst zur Völkerverständigung aufrufen, so dass ihn selbst Kirchenführer streicheln werden. Zum Schluß aber wird er seine Schafskleider fallenlassen und jeden auf-fressen, der nicht bereit ist, ein Wolf in dem Rudel zu werden, dessen Leitwolf der Antichrist selbst ist (2. Thess. 2,3-12).

Johannes sah: Der Sohn des Verderbens versuchte, dem wirklichen Christus, der am Ende der Zeiten als der Reiter auf dem weißen Pferd erscheinen wird, zuvorzukommen, indem er als erster auf einem weißen Pferd in die Arena der Geschichte galoppierte (6,1-2).
Diesem ersten weißen Reiter wird vom Fürsten dieser Welt Macht über alle Stämme, Völker und Sprachen gegeben, um dem Lamm, dem wahren Machthaber über Himmel und Erde, sein Recht streitig zu machen (Dan. 9,27; 2. Thess. 2,9-12; Offb. 13,11-14). Der Antichrist scheint unbesiegbar zu sein (Offb. 13,4).
Er wird gegen die Gemeinde Jesu Christi kämpfen und sie scheinbar überwinden (13,7). Aber Jesus hat seine Gemeinde zuvor mit seinem Blut erkauft und mit dem ewigen Leben begabt. Niemand wird sie ihm aus seiner Hand reißen (Joh. 10,28).
Der Antichrist wird alle Menschen mit einem Zeichen an der Stirn oder Hand versehen, um damit auch die Auserwählten Jesu Christi zu beschlag-nahmen. Ihr Herr aber hat sie schon zuvor mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph. 1,13-14; Offb. 7,1-8; 13,16-17).
Der Sohn des Bösen wird in seinen Kämpfen getötet werden, hernach jedoch vom Tod wieder auferstehen, um in allen Dingen dem Auferstandenen ähnlich zu werden (Offb. 13,3).
Auf dem Höhepunkt seiner Macht wird er sich in den neuerbauten Tempel in Jerusalem setzen und die Anbetung durch alle Menschen verlangen. Er wird die Versuchung Satans zur Ursünde willentlich vollenden: Ihr werdet sein wie Gott! (1. Mose 3,5). Jesus dage-gen, der immer wahrhaftiger Gott war, verleugnete sich selbst und nahm Knechtsgestalt an (Mt. 11,29; Phil. 2,5-11).
Zum Schluß wird das Kind der Bosheit seine Nachfolger zum Kampf gegen den wiederkommenden Christus aufstacheln, um ihn, falls möglich, vor seiner Ankunft zu vernichten. Der Herr aber wird jeden, der sich ihm entgegenstellt, mit dem Hauch seines Mundes vergehen lassen (Dan. 8,23-25; Jes. 14,16-17; 2. Thess. 2,8; Offb. 19,11-21).
Die Muslime haben das Zeugnis vom wiederkehrenden Christus und seinem Kampf gegen den Antichristen in ihre Traditionen aufgenommen. Sie schreiben, der Sohn der Maria werde wieder-kommen, um den Antichristen zu töten. Er werde ihn bis Damaskus verfolgen, wo sein Widersacher angesichts der Herrlichkeit des von Gott kom-menden Christus wie Wachs zerschmelzen werde. Anschließend werde der Sohn der Maria alle Kreuze auf Kirchen und Gräbern zerbrechen, alle Schweine töten, heiraten, Kinder zeugen und die gottlose Welt als Reformator zum Islam bekehren. Dann erst werde er sterben und in Medina neben dem Grab Muhammads begraben werden. Das sei dann „das Zeichen der Stunde“ (Sure 43,57-61). In diesem Moment werde Allah zum Gericht erscheinen. Er werde Muhammad und ‘Isa von ihren Gräbern auferwecken, beide auf Throne setzen und ihnen Vollmacht geben, ihre Nachfolger und alle Menschen zu richten, falls diese keine treuen Muslime waren.
Welch ein Zerrbild der Realität! Der Sieg Jesu Christi über den Antichristen aber schimmert selbst durch den islamisch frisierten Endzeitbericht noch hindurch.
Bei allen Offenbarungen über den kommenden Antichristen im Alten und Neuen Testament wird jedoch eine Tatsache sichtbar: Seine Macht ist nicht die Voll- und Allmacht des Lammes (Mt. 28,18). Er kann nichts tun, außer was das Lamm ihm erlaubt. Jesus gibt die Initiative im Endzeitgeschehen nie aus der Hand. Die Bösen müssen sehr böse werden und die Guten sehr gut (Mt. 24,12-24).

Wer sich in die Fragen der Endzeit vertieft, wird früher oder später auf die Predigt Jesu Christi über die letzten Tage stoßen, von der in Matthäus 24 und 25 berichtet wird. Dort gewinnen wir weitere Klarheit über den Reiter auf dem weißen Pferd und das, was nach ihm kommt.
Mit großem Nachdruck hat Jesus seine Jünger in dieser Endzeitpredigt davor gewarnt, über das Wie und Wann seiner Wiederkunft zu spekulieren. Vielmehr sollten sie wachen, um nicht von falschen Propheten oder einem Antichristus verführt zu werden.
Das Studium der Offenbarung will uns weder Gruselgeschichten nahebringen noch unsere Neugier über die letzten Tage unserer Erde befriedigen, sondern die Gemeinde wie auch jeden einzelnen vor der Versuchung durch antichristliche Mächte warnen und die Angefochtene stärken, damit sie nicht aus der Liebe des Lammes Gottes herausfallen.
Wer den inneren Aufbau von Matthäus 24,5-30 mit den Versen von Offenbarung 6,1-17 vergleicht, kann eine geistliche Leitlinie zum Verständnis der sieben Siegel gewinnen: