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Commentaries
German
Offenbarung
  
III. DAS LAMM GOTTES ÖFFNET DAS SIEBTE SIEGEL MIT DEN SIEBEN POSAUNENGERICHTEN UND DEN DREI WEHERUFEN (Offenbarung 8,1 – 9,21)

Das große Schweigen im Himmel (Offenbarung 8,1)
1Und als das Lamm das siebte Siegel auftat, entstand eine Stille im Himmel etwa eine halbe Stunde lang.

Die Inthronisierung Jesu Christi und seine Bevollmächtigung durch den Vater zur Weltregierung geschah bei der Übergabe und dem Annehmen der siebenfach versiegelten Buchrolle, die von innen und außen beschrieben war (Kap. 4-5).
Als das Lamm Gottes jedes einzelne der Siegel mit Bedacht öffnete, ereigneten sich erschütternde Umwälzungen in der Weltgeschichte, die nötig waren, bevor das letzte, das siebte Siegel, geöffnet werden konnte. Alle vorangehenden Ereignisse, Gebete, Zeugnisse und Visionen waren eine Vorbereitung für das eigentliche Geschehen, das mit dem Öffnen des siebten Siegels begann.
Die vier Thronwächter, die vierundzwanzig Ältesten, alle Engel, die unzählbare Schar der Heiligen und alle Kreaturen warteten gespannt auf diesen entscheidenden Augenblick. Mit atemloser Aufmerksamkeit blickten sie auf die Hände ihres Herrn, weil sie wußten: Jetzt kommt das Allerwichtigste, das Eigentliche, nämlich die Offenbarung, wie das Gericht über unsere Welt durchgeführt wird, und die Beschreibung ihrer Neuerschaffung. Die Grundzüge dieser Entwicklung waren bereits in den Schriften des Alten und Neuen Testaments offenbart worden und standen deshalb auf der Außenseite der Buchrolle. Die Offenbarung Jesu Christi aber brachte die konkreten und detaillierten Befehle zur Durchsetzung der End und der Neuzeit.

Mit der Öffnung des siebten Siegels begann im Himmel ein großes Schweigen. War dieses Schweigen ein sprachloses Entsetzen über den Inhalt des siebten Siegels? Oder stellte es die konzentrierte Besinnung auf die kommende Entwicklung dar?
Christus führt seine Nachfolger immer wieder in die Stille, damit sie nachdenken und begreifen lernen, was Gott und sein Lamm in der Vergangenheit getan haben, und erkennen, was der Herr in Zukunft tun will.
Gottes unerschöpfliche Gnade und sein sich entfaltendes Heil wollen uns zum Dank und zur Anbetung führen. Die Versiegelung der 144.000 Judenchristen, die unübersehbar große Zahl der Heiligen aus allen Völkern vor dem Thron des Allmächtigen, der anhaltende Lobpreis der Engel und der Kreaturen haben alle Himmelsbewohner zum Rühmen des Lammes Gottes ermuntert. Gleichzeitig wurde ihnen die unausweichliche Notwendigkeit der beginnenden Gerichte begreiflich, angesichts des überlaufenden Maßes der nie endenden Gnade Gottes, im Gegensatz zur abgrundtiefen Verdorbenheit der hartherzigen Selbstgerechten.
Seinen Engeln, den Heiligen und den Ältesten ermöglichte der Herr in der Stille der Besinnung und des Betens, seinen Zorn als die gerechte Antwort auf die Verwerfung seiner Versöhnung zu verstehen. Zugleich aber zeigte er ihnen das eigentliche Ziel der Heilsgeschichte, die Neuschöpfung seines geistlichen Gottesreiches. Der Untergang des Alten war unumgänglich; das Kommen des Neuen wurde bereits sichtbar.
Während des großen Schweigens im Himmel schwieg auch Gott. Er hatte in der Vergangenheit deutlich geredet: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.“ (Ps. 2,7) Im Evangelium hatte er sein Zeugnis wiederholt: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“ (Mt. 3,17; 17,5) Jesus ist das Wort Gottes. Ein anderes Gotteswort gibt es nicht. Durch Jesus, sein Wort, hat Gott die Welt geschaffen und mit sich selbst versöhnt (Joh. 1,1-4). Durch Jesus wird er auch die Menschen richten (Mt. 25,31-46). Wenn die Welt Jesus, das fleischgewordene Wort, nicht hören will, schweigt Gott! Wir alle leben vom Wort Gottes (Mt. 4,4; Lk. 4,4). Wenn Gott schweigt, vergeht die Welt. Wenn er nicht mehr redet, zerfällt das Dasein. Das Schweigen Gottes und seines Lammes, seiner Engel und seiner Heiligen bedeutet, dass er die Aufrührer dahingegeben hat, sich gegenseitig selbst zu zerstören (Röm. 1,18-32). Und in den Gottlosen beginnt das Entsetzen der Gottesferne, wenn sie Gott nicht mehr hören können, weil er schweigt.