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Commentaries
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Offenbarung
  
Teil V: Das neue Jerusalem - Die Braut des Lammes (Offenbarung 21,9 – 22,5)

1. Die Braut des Lammes Gottes (Offenbarung 21,9-11)
21,9Und es kam zu mir einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen mit den letzten sieben Plagen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm, ich will dir die Frau zeigen, die Braut des Lammes. 10Und er führte mich hin im Geist auf einen großen und hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem herniederkommen aus dem Himmel von Gott,11die hatte die Herrlichkeit Gottes; ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein, einem Jaspis, klar wie Kristall;

Derselbe Gerichtsengel, der in Kapitel 17,1 den Apostel Johannes in die Wüste geführt hatte, um ihm die „abtrünnige Frau“, die Hure Babylon, zu zeigen, trug Johannes aufs Neue im Geist auf einen hohen Berg, um ihm von dort aus das kaum zu beschreibende Wunder Gottes zu zeigen: die Braut des Lammes! Zuvor hatte der Engel dem Patriarchen die verführerische Hure im Bild der großen Stadt Babylon vor Augen gemalt. Nun offenbarte er ihm auch die Braut Christi in Form einer großen Stadt, nämlich als das neue Jerusalem!
Da im Orient eine Verlobung rechtlich voll verbindlich ist, bezeichnete der Engel die Braut des Lammes bereits als seine legale Frau,. Alle echten Christen aus den Völkern und aus Israel sind in diesem Sinn Jesus bereits ewig anvertraut (Hosea 2,21-22).
Um die feste Glaubensverbindung zwischen Christus und seinen Nachfolgern zu beschreiben, werden in der Bibel unterschiedliche Bilder gebraucht. Der Engel bezeugt hier die Gemeinde als die „Frau“ oder „Braut des Lammes“. Paulus nannte sie den „geistlichen Leib“ Christi (Römer 12,4-5; 1. Korinther 10,17; 12,12-27; Epheser 1,22-23; 4,4.12.16; 5,30; Kolosser 1,18; 2,19). Auch Jesus hatte verschiedene Beispiele benützt, um das Geheimnis der unauflöslichen geistlichen Verbindung zwischen ihm und seinen Jüngern zu erklären. Er nannte sich „den guten Hirten mit seiner zu ihm gehörigen Herde“ (Johannes 10,11-30), „den Weinstock mit seinen fruchttragenden Reben“ (Johannes 15,5-8) oder auch „den König mit seinem geistlichen Reich“ (Johannes 18,33-40). Alle diese Bilder sollen uns unserer engen und ewigen Verbindung mit Christus, dem Lamm Gottes, gewiss machen und uns ihm gegenüber zu einem bedingungslosen Glaubensgehorsam aus Liebe und Dank führen.

Die Gemeinden in Kleinasien zur Zeit des Apostels Johannes setzten sich sowohl aus ehemaligen hellenistischen Götzenanbetern zusammen als auch aus vertriebenen messianischen Juden aus Israel, die entsetzt in alle Himmelsrichtungen zerstoben waren, als im Jahre 70 n. Chr. der zweite Tempel in Jerusalem zerstört worden war. Diesen messianischen Juden war von den Römern untersagt worden, jemals wieder in ihre Hauptstadt zurückzukehren. Die zweite Zerstörung des Hauses ihres Herrn hatte für sie einen tiefen Schock bedeutet und ein nicht endendes Trauma begründet. Viele von ihnen hatten in der zerstörten Anbetungsstätte die Wohnung ihres Gottes gesehen, das Zentrum ihrer Kraft, den Mittelpunkt der Erde. Jerusalem aber blieb von den Römern besetzt. Grosse Teile der Stadt waren ein Trümmerfeld geworden. Die Hoffnung der Flüchtlinge sank auf den Nullpunkt. Verzweiflung bemächtigte sich ihrer.
Die neue Vision vom himmlischen Jerusalem bedeutete für die Judenchristen einen Ersatz, neue Hoffnung und einen neuen geistlichen Mittelpunkt für ihren angefochtenen Glauben. Wer die Vision über die Braut des Lammes im Bild des himmlischen Jerusalems verstehen will, sollte sich in die Gedanken und das Leiden dieser jüdischen Flüchtlinge hinein versetzen; dann bekommen die Bilder dieser Vision einen neuen Inhalt und besonderes Gewicht.
Die große Stadt, das heilige Jerusalem, war in der Vision des Johannes nicht auf der Erde gebaut und vollendet worden, sondern im Himmel. Die Braut des Lammes, die Gemeinschaft der Heiligen aus allen Zeiten, lebte bei der Schöpfung des neuen Himmels und der neuen Erde bereits „in“ Christus im Himmel. All die Christen, die Jesus zu sich gezogen hatte, waren durch das einmalige Opfer des Lammes Gottes vollkommen gereinigt worden (Hebräer 10,14). Sie hatten sich nicht selbst geheiligt, sondern waren wiedergeboren worden aus dem Geist des Vaters und des Sohnes (Johannes 3,5). Auch das ewige Jerusalem, in dem Gerechtigkeit wohnt und in dem keine terroristischen Kämpfe mehr stattfinden, ist heilig.
Die Bewegung der großen Stadt, der Gesamtheit der Gläubigen, vom Himmel auf die Erde herab, ist ein Zeichen für die Gnade des dreieinigen Gottes. Er schuf, er gebar, er setzte und er gewährte dieses neue geistliche Zentrum seiner neuen, heilen Welt.

Johannes selbst hatte als Jünger Jesu das Leiden, Sterben und Auferstehen seines Herrn miterlebt und die Ausgießung seines Heiligen Geistes am eigenen Leibe erfahren. Noch vor der Zerstörung Jerusalems war er durch den Heiligen Geist nach Ephesus, in die damalige Hauptstadt Kleinasiens, versetzt worden, um dort den wachsenden Gemeinden vorzustehen. Wie die übrigen Juden litt Johannes unter dem Verlust des alten Jerusalems. Nun aber jauchzte er in seinem Herzen, als er das tausendmal schönere, größere neue Jerusalem schaute. Und er stammelte einen einzigen Satz, der seine gesamte Schau zusammenfasste: Die Stadt hat die Herrlichkeit Gottes!
„Herrlichkeit“ bedeutet im semitischen Denken die Summe aller Eigenschaften, Namen und Kräfte Gottes. Alles, was der Allmächtige ist, tut und beabsichtigt, wird zusammengefasst „seine Herrlichkeit“ genannt. Das neue Jerusalem besitzt das Flair, den Glanz und die Vollmacht Gottes. Es ist die heilige Stadt, der Ort, wo der ewige Schöpfer, Herrscher und Richter wohnt und regiert. Es ist die Stadt des Friedens, der Reinheit, der Wahrheit und der Liebe. Von Gott aus gehen dort alle heiligenden Strahlen und Kräfte auch in die Bewohner seiner Stadt hinein. Sie ist in ihm und er in ihr.
Johannes versuchte, die Herrlichkeit des neuen Jerusalems in menschliche Worte zu fassen und verglich ihre Strahlkraft, ihren Glanz und ihre Lichtfülle mit dem alleredelsten Stein der damaligen Zeit, Jaspis genannt. Der Jaspis glich einem glasklaren, blitzenden Kristall oder einem durchsichtigen, weißen Marmor. Bei seiner Erkenntnis Gottes in Offenbarung 4,3 hatte Johannes den Ewigen selbst durch den tiefroten Karneol und das erhabene Weiß des Jaspis beschrieben. Gott ist die Liebe und die Wahrheit, das Erbarmen und die Gerechtigkeit yugleich.. Er ist voller Gnade und Heiligkeit. Diese Grundeigenschaften des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes leuchten in der großen Stadt und um sie herum. Ihr Licht ist intensiver und stärker als die strahlende Macht der Sonne. Kein Mensch kann diese Herrlichkeit ertragen, es sei denn, er sei selbst in diese Heiligkeit, Liebe und Wahrheit verwandelt worden. Das zeigt, dass die Braut des Lammes, seine Frau, von der Herrlichkeit des Vaters und des Sohnes überkleidet, durchstrahlt und verwandelt wurde, denn andernfalls hätte sie keinen Augenblick in der Nähe des dreimal Heiligen leben können (Johannes 17,21; Römer 5,2; 8,29; 1. Korinther 15,43-44; Philipper 3,21; Kolosser 3,4; 1. Johannes 3,1-2 u. a.). Die Braut des Lammes ist ein Spiegelbild ihres Schöpfers und Heilandes geworden (1. Mose 1,27; 2. Korinther 3,18). Die Heiligung eines Christen aus der Kraft der Gnade in seinem ganzen Leben, Denken und Tun ist die Voraussetzung dafür, dass er Wohn- und Bleiberecht im neuen Jerusalem erhält (Epheser 2,19-22; Kolosser 1,27; 1. Petrus 1,3-10.13; 1. Johannes 3,3). Genau genommen wohnen die erlösten und vollendeten Christusnachfolger nicht im neuen Jerusalem, sondern sie selbst sind diese heilige Stadt, die ein Gleichnis für die Braut des Lammes darstellt! Die Herrlichkeit Gottes hat sich in die Christusnachfolger hinein gesenkt. Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist wohnt in ihnen (Johannes 14,23; 17,21.24.26; 2. Korinther 13,13 u. a.).
Johannes hatte bereits als Jünger Jesu die Herrlichkeit seines Herrn auf dem Berg der Verklärung (Matthäus 17,1-9; Markus 9,2-13; Lukas 9,28-36), auf Golgatha (Lukas 23,34.43.46; Johannes 19,30) und in seiner Auferstehung gesehen (Lukas 24,26.46; Johannes 20,1-10.19-23). Als Thema seines Evangeliums hatte er es bezeugt: „Und wir sahen seine Herrlichkeit.“ (Johannes 1,14) Auch am Anfang seiner Endzeitvisionen hatte er seinen herrlichen Herrn, Richter und Heiland schauen dürfen (Offenbarung 1,12-19). Jetzt aber war Johannes gewürdigt worden, im Bild des neuen Jerusalems die Herrlichkeit Gottes in seiner vollendeten Gemeinde zu sehen. Diese Vision sprengt alle irdische Vorstellungskraft. Sie ist jedoch nichts anderes als die präzise Auslegung des Wortes: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ (Offenbarung 21,3)

Gebet
Wir beten dich an, Vater, Sohn und Heiliger Geist, weil du mit deinem Heilsplan unweigerlich zu deinem Ziel kommst: deine Geschöpfe werden zu deinen Kindern, die deine Herrlichkeit widerspiegeln. Wir danken dir für die Vergebung unserer Schuld und für deine Geduld mit uns. Amen.